International
04.06.2018, 15:3205.06.2018, 08:23
Philipp löpfe
Wegen einer Laune der Natur hatte George Washington keine leiblichen Kinder. Das hat der jungen amerikanischen Republik sehr viel Ärger erspart, denn die Angst vor einer königlichen Familie war nach dem erfolgreichen Aufstand gegen die Briten weit verbreitet, ja geradezu hysterisch.
Konnte angeblich nicht lügen: George Washington.Bild: imago stock&people
Der kinderlose erste US-Präsident war jedoch ein Garant, dass in den USA keine königliche Familie und damit auch keine absolutistische Monarchie entstehen konnte.
Der 45. Präsident der USA hat zwar noch nicht den Status eines absoluten Herrschers, er benimmt sich jedoch immer mehr wie ein Sonnenkönig. Das wurde auch am Montag wieder klar. Trump hält die Einsetzung eines Sonderermittlers in der Russland-Affäre für verfassungswidrig. "Die Berufung des Sonderermittlers ist völlig VERFASSUNGSWIDRIG. Trotzdem spielen wir das Spiel mit, weil ich im Gegensatz zu den Demokraten nichts falsch gemacht habe", schrieb Trump am Montagmorgen auf Twitter.
Und legte dann absolutistisch nach: "Wie zahlreiche Rechtsexperten festgestellt haben, habe ich das absolute Recht, mir selbst zu vergeben. Aber warum sollte ich das machen, wenn ich nichts Unrechtes getan habe", twitterte Trump.
Schon zuvor war Trumps Position öffentlich geworden, als die Zeitung "New York Times" ein Memorandum seiner Anwälte an den Sonderermittler Robert Mueller enthüllte.
"Es gibt nur noch eine Trump-Partei. Die Republikanische Partei macht irgendwo ein Mittagsschläfchen."
John Boehner
Die Anwälte stellen darin unverfroren fest, dass Trump in seiner Eigenschaft als Präsident das in der Verfassung verbriefte Recht habe, die Arbeit des Sonderermittlers zu beenden, und zwar "jederzeit und ohne dafür Gründe anführen zu müssen". Aus diesem Grund sei es auch völlig verfehlt, dem Präsidenten Behinderung der Justiz vorwerfen zu wollen.
Trumps Sprachrohr: Rudy Giuliani.Bild: imago stock&people
Das Memorandum ist von Trumps ehemaligem Anwalt John Dowd verfasst worden. Rudy Giuliani, der neue Chef des präsidialen Anwaltstrosses, hat jedoch noch nachgelegt. In zwei verschiedenen Sonntags-TV-Shows erklärte er, der Präsident könne sich jederzeit auch selbst begnadigen. "Wahrscheinlich kann er das", so Giuliani. "Aber er hat nicht die Absicht, es auch zu tun."
Nicht nur Trump macht Schlagzeilen:
Dass Trump absolutistische Ambitionen hegt, ist bekannt. Als beispielsweise bekannt wurde, dass der chinesische Präsident Xi Jingping dank einer Verfassungsänderung lebenslänglich im Amt bleiben kann, dachte Trump laut darüber nach, ob dies nicht auch eine gute Idee für sein Land sein könnte.
"Mueller muss sich keine Sorgen machen über vermeintliche rechtliche Behinderungen."
Harry Litman
Die Amerikaner hingegen sind davon weniger begeistert. Ob der Präsident über dem Gesetz steht oder nicht, wird derzeit in den Vereinigten Staaten heftig und sehr kontrovers diskutiert. Es ist auch alles andere als klar, ob die Behauptungen von Trumps Anwälten im Einklang mit dem geltenden Recht stehen. Harry Litman, ehemaliger Staatsanwalt und Professor an der University of California in San Diego, bestreitet dies in der "New York Times" energisch.
Litman verweist darauf, dass Präsident Richard Nixon seinerzeit aus dem Amt scheiden musste, weil er die Arbeit der Justiz behindert hatte. Wegen "Obstruction of justice" ermittelt auch Robert Mueller gegen Trump. Er werde dem Präsidenten auf keinen Fall erlauben, in einem Interview mit den Sonderermittler auszusagen, betont Giuliani immer wieder, und er werde bis zum Obersten Gerichtshof eine Vorladung für ein solches Interview bekämpfen.
Kritisiert seine eigene Partei: Der ehemalige Speaker John Boehner.Bild: imago stock&people
Auch diese Aussage steht auf juristisch wackligen Füssen. Präsident Bill Clinton wurde seinerzeit ebenfalls gezwungen, gegen seinen Willen vor einer Grand Jury auszusagen. Litman kommt daher zu einem für den Präsidenten vernichtenden Fazit: "Mr Mueller mag seine Gründe haben, weshalb er noch nicht offenlegt, wie weit er Behinderung der Justiz seitens des Präsidenten gefunden hat. Aber er muss sich keine Sorgen machen über vermeintliche rechtliche Behinderungen."
Trump wähnt sich nicht nur über dem Gesetz, er behandelt auch seine eigene Partei wie eine Schar von unterwürfigen Lakaien. Die Republikaner, die sich gerne als Mitglieder der Grand Old Party (GOP) bezeichnen, hängen heute am Rockzipfel des Präsidenten. Selbst ihr ehemaliger Speaker im Unterhaus, John Boehner, hat kürzlich verächtlich erklärt: "Es gibt keine Republikanische Partei mehr. Es gibt nur noch eine Trump-Partei. Die Republikanische Partei macht irgendwo ein Mittagsschläfchen."
Von Trump vorgeführt: Finanzminister Steven Mnuchin.Bild: imago stock&people
Auf der internationalen Bühne führt sich Trump wie ein absolutistischer Herrscher auf. Soeben hat er via Twitter ausrichten lassen, er werde auf den Strafzöllen gegen die EU, Kanada, Mexiko und China beharren. Damit stellt er einmal mehr seinen eigenen Finanzminister Steven Mnuchin in den Regen und versetzt seinen engsten Verbündeten einen Schlag ins Gesicht.
Stürzt Trump nach den Zwischenwahlen?
Dank einer nach wie vor brummenden Wirtschaft glaubt Trump, er könne sich sein königliches Verhalten leisten. Tatsächlich haben seine Zustimmungswerte leicht zugenommen, sie befinden sich aber immer noch auf einem tiefen Niveau. Durchschnittsamerikaner haben zudem wenig vom Wirtschaftsboom, die Löhne des Mittelstandes sind kaum gestiegen.
Historisch gesehen sind Könige immer wieder Mal gestürzt und nicht selten auch geköpft worden. Das muss Trump nicht befürchten. Sollte es jedoch im November bei den Zwischenwahlen zu einer "blauen Welle" kommen, will heißen: Sollten die Demokraten die Mehrheit zumindest im Abgeordnetenhaus erringen, dann ist Schluß mit der absolutistischen Herrlichkeit. Dann könnte Trump ein Impeachment blühen.
(mit dpa, AFP)
Zur Abwechslung mal was schönes: unsere Erde
Rolf Mützenich ist der Fraktionschef der SPD. In zahlreichen Debatten spricht er für seine Partei im Bundestag. Mützenich ist bekannt für seine Friedenspolitik, gleichzeitig half er aber auch bei der Durchsetzung des Sondervermögens für die Bundeswehr.