Knall zwischen May und Johnson erwartet – Parteitag der britischen Konservativen startet
30.09.2018, 14:31
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Der Machtkampf der britischen Premierministerin
Theresa May mit ihrem Ex-Außenminister Boris Johnson hat sich zum
Parteitag der Konservativen deutlich verschärft. Ein halbes Jahr vor
dem EU-Austritt beschimpfte Johnson die Pläne Mays als ein Ergebnis "geistiger Verwirrung" und "lächerlich". Seine Wortwahl war auch
innerhalb der eigenen Partei umstritten.
Der "Sunday Times" sagte Johnson weiter:
"Im Gegensatz zur Premierministerin kämpfe ich für den Brexit."
Er schlug unter anderem
den Bau einer riesigen Brücke zwischen Irland und Großbritannien vor. Was bedeutet der Parteitag für Theresa May und ihre Partei?
Mays politisches Schicksal wird sich entscheiden
Beim Brexit sind die Tories völlig zerstritten. Vom Verlauf des
viertägigen Parteitags könnte daher auch Mays politisches Schicksal
abhängen. Sie gilt seit Längerem als angezählt. Dem Exzentriker
Johnson wird nachgesagt, seine Rivalin beerben zu wollen.
Boris JohnsonBild: X90183
Johnson war im Juli – ebenso wie der damalige Brexit-Minister David
Davis – aus Protest gegen Mays Pläne von seinem Amt zurückgetreten.
Zum Showdown dürfte es auf dem Parteitag am Dienstag bei Johnsons
Rede kommen. Mays großer Auftritt ist am Mittwoch geplant.
Die Premierministerin signalisierte, dass sie auch nach der Trennung
Großbritanniens von der Europäischen Union auf ihrem Posten bleiben
möchte. Sie habe einen langfristigen Job zu erledigen, sagte sie der "Sunday Times". Zugleich kündigte sie ein landesweites Festival für
das Jahr 2022 an – das Jahr, in dem turnusmäßig die nächste
Parlamentswahl stattfindet.
Theresa May in der Andrew Marr ShowBild: X80001
In der Andrew-Marr-Show des Senders BBC deutete May sehr vage
Kompromissbereitschaft bei den festgefahrenen Verhandlungen mit der
EU an. Ihre Haltung sei es, "zuzuhören, was die EU an Bedenken
vorbringt, sich dann hinzusetzen und mit ihnen darüber zu sprechen".
Es wird erwartet, dass May auf dem Parteitag, der am Nachmittag
eröffnet werden sollte, eine harte Linie gegen künftige
EU-Einwanderer vorstellt. Sie kündigte an, dass Ausländer bald mehr
Steuern beim Kauf von Häusern zahlen müssten als Briten. Mit dem Geld
solle das zunehmende Problem der Obdachlosigkeit bekämpft werden.
Kein Parteitag ohne Pannen
Vor Beginn des Treffens gab es eine peinliche Datenpanne: Über eine
Konferenz-App hatten Delegierte und Journalisten – ohne Passwort – Zugang zu privaten Informationen wie Handynummern von Politikern
bekommen. Auch Johnson war davon betroffen. Die Panne verleitete
einige zu Schabernack: So wurde das Bild des Umweltministers Michael
Gove gegen eines des Medienmoguls Rupert Murdoch ausgetauscht.
Bereits beim Parteitag im vergangenen Jahr in Manchester ging einiges
schief: Mays Rede endete damals in einem Fiasko. Zuerst konnte sie
vor Hustenanfällen kaum sprechen, dann überreichte ihr ein Komiker
angeblich im Namen von Johnson ein Entlassungsschreiben. Schließlich
fielen hinter ihr die Buchstaben des Parteitagsmottos von der Wand.
Ein Zusammenschnitt der Pannen aus dem letzten Jahr:
Nahezu zerrieben zwischen Brexit-Hardlinern und sehr EU-freundlichen
Tories hält May an ihrem Kurs fest. Sie will eine Freihandelszone mit
der Europäischen Union für Waren, aber nicht für Dienstleistungen wie
Bankgeschäfte. Dafür soll sich Großbritannien eng an Produktstandards
und andere Regeln des EU-Binnenmarkts halten. Zollkontrollen am
Ärmelkanal und zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied
Irland sollen durch ein kompliziertes System verhindert werden.
Brexit-Hardliner fordern dagegen einen klaren Bruch mit der EU – dabei wird Mays Kurs schon in Brüssel vehement abgelehnt. Johnson
schlägt unter anderem einen erweiterten Freihandelsvertrag nach dem
Vorbild des Abkommens zwischen der EU und Kanada vor.
David DavisBild: X03696
Ex-Brexit-Minister David Davis sagte am Sonntag dem Nachrichtensender Sky
News, dass Mays Pläne "sterben werden – auf die eine oder andere Art,
in Brüssel oder in Westminster". Die sechs Monate bis zum Brexit hält
er für viel Zeit. Die Chance, sich doch noch mit Brüssel auf ein
Abkommen zu einigen, bezifferte er auf 80 bis 90 Prozent.
Der ehemalige Generalstaatsanwalt Dominic Grieve warnte unterdessen
im "Sunday Telegraph" vor einer Rebellion EU-freundlicher Tories
gegen May, die ein zweites Brexit-Referendum befürworten.
Und die Briten? Sind skeptisch.
Angesichts des Ärgers rund um den Brexit wächst bei den meisten
Briten die Skepsis: Sie schätzen die Zukunft ihres Landes schlechter
ein als beim Referendum vor zwei Jahren.
Bild: AP
In einer repräsentativen
Befragung im Auftrag des Nachrichtensenders Sky News gaben 56 Prozent
an, dass die Scheidung von der EU wohl schlimmere Folgen haben dürfte
als sie bei der Abstimmung dachten. Nur 9 Prozent gehen von einem
besseren Ausgang aus. 26 Prozent änderten ihre Meinung nicht.
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