Donald Trump kehrt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht den Rücken zu. Bild: AP / Evan Vucci
USA
Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht in Sicht. Nicht nur innerhalb des Landes, auch im russischen Kursk herrscht aktuell Krieg. Unterdessen sind US-Außenminister Antony Blinken und sein britischer Amtskollege David Lammy am Mittwoch nach Kiew gereist, um an Gesprächen und dem vierten Gipfeltreffen der Krim-Plattform teilzunehmen. Auf der Agenda: Unter anderem Unterredungen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie dem neuen Außenminister Andrij Sybiha.
Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Forderung Kiews, umfangreiche US-amerikanische und britische Waffen auch gegen Ziele auf russischem Boden verwenden zu dürfen.
Doch klar ist: Die politische Situation ist kompliziert. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner in den USA, Donald Trump, präsentiert populistische Lösungen, die keine sind. Bei der TV-Debatte gegen seine Kontrahentin Kamala Harris ließ er erahnen, wie er den Krieg in der Ukraine sieht.
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Ukraine-Krieg: Trump reagiert mit Schweigen
Der TV-Auftritt startete ungewöhnlich: Kamala Harris ging nach der Vorstellung der Kandidat:innen zügig auf das Podium von Donald Trump zu, um ihm die Hand zu reichen. "Lasst uns eine gute Debatte führen", sagte sie. Trumps Reaktion? Ein verwirrtes "Schön, Sie zu sehen", während er sich von Harris abwandte und in Richtung Kameras schaute.
Während der hitzigen Debatte über Themen wie Wirtschaft, Migration und Außenpolitik, gelang es Harris mehrmals, Trump aus der Fassung zu bringen. Schließlich schaffte ihr Kontrahent mit einem Nährboden aus Fake-News selbst das Fundament dafür.
Interessant wurde es in Bezug auf den Krieg in der Ukraine. Besonders jene Aspekte, über die Trump nicht sprach.
Trump erhielt während der TV-Debatte zweimal die Möglichkeit, klar zu sagen, ob er einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland befürworte. Doch der frühere US-Präsident wich den Fragen aus. Stattdessen betonte er seine Bereitschaft, direkt nach einer möglichen Wiederwahl Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zu führen. Ein militärischer Sieg Kiews stand für ihn offenbar nicht im Fokus.
Trump sieht sich selbst als Lösung für den Krieg in der Ukraine
"Das ist ein Krieg, der unbedingt beigelegt werden muss", sagte Trump und wiederholte, dass er eine diplomatische Lösung anstrebe. Dabei stellte er sich selbst als den Mann dar, der aufgrund seiner Verhandlungsfähigkeiten den Konflikt beenden könnte. Und: Damit würde er nicht bis zu seiner möglichen Amtseinführung warten: "Ich werde das regeln, bevor ich überhaupt Präsident werde."
Wie er das machen will, verriet er jedoch nicht.
Seine Weigerung, eine klare Antwort zu geben, ob er einen Sieg der Ukraine wünsche, ist bezeichnend. Seine Antworten ließen tief in eine mögliche außenpolitische Haltung blicken, die in einer zweiten Amtszeit zum Tragen kommen könnte, wie etwa "Politico" schreibt. Es deutet sich einmal mehr an, dass eine Trump-Regierung möglicherweise weniger entschlossen wäre, Russland entgegenzutreten und stattdessen eher auf Verhandlungen und Abkommen setzen würde.
"Wenn Trump Präsident wäre, würde Putin jetzt in Kiew sitzen"
Der Moderator David Muir hatte Trump mehrfach direkt gefragt, ob er den Sieg der Ukraine wünsche. Trumps Antwort lautete jedoch immer wieder gleich. Zudem betonte er seine persönlichen Beziehungen sowohl zu Wolodymyr Selenskyj als auch zu Wladimir Putin: "Ich kenne (den ukrainischen Präsidenten) Selenskyj sehr gut und ich kenne Putin sehr gut. Wir haben ein gutes Verhältnis. (...) Sie respektieren mich. Sie respektieren Biden nicht."
Besonders brisant wurde das Interview, als Trump auf das Thema Atomwaffen zu sprechen kam. Ohne Umschweife erklärte er, dass die nukleare Abschreckung Russlands eine entscheidende Rolle in seinen Überlegungen spiele. "Er hat etwas, was andere nicht haben. Er hat Atomwaffen", sagte Trump und fügte hinzu, dass dies ein Grund sei, warum der Krieg so schnell wie möglich beendet werden müsse. "Niemand denkt jemals darüber nach. Und irgendwann, äh, wird er sie vielleicht einsetzen."
Trumps ausweichende Haltung erntete sofort Gegenwind. US-Vizepräsidentin Kamala Harris warf ihm vor, ein "Handlanger" Wladimir Putins zu sein. "Wenn Donald Trump Präsident wäre, säße Putin jetzt in Kiew", erklärte Harris in einem Interview. Auch Verkehrsminister Pete Buttigieg äußerte sich auf der Plattform X: "Donald Trump will nicht sagen, dass er will, dass die Ukraine den Krieg gewinnt? Ich dachte, er würde zumindest so tun …".
Trotz der Reaktionen blieb Trump bei seiner Position. Im Szenario mit Trump als künftigen US-Präsidenten würde diese Einstellung einen deutlichen Bruch mit der traditionellen Außenpolitik der Republikanischen Partei bedeuten. Diese setzt seit der Reagan-Ära auf Widerstand gegenüber russischer Expansion.
Innerhalb von Wochen sollte die Ukraine vor dem russischen Militär in die Knie gehen. Zu groß sei Russlands Heer, zu mächtig das schwere Kriegsgerät. Zweieinhalb Jahre ist es her, dass praktisch die gesamte Fachwelt und die internationale Politik diese Fehleinschätzung traf. Im Winter 2024 stellt sich der Kreml auf einen weiteren schweren Winter auf den Schlachtfeldern in der Ostukraine ein.