Alarmismus. Alarmismus. Pünktlich vor der Wahl in Bayern veröffentlicht die ARD eine neue Umfrage: Die Groko auf Rekordtief. Und am Sonntag folgt die Abstimmung in Bayern. Schon warnen alle vor dem Ende der Volkspartei. Mal ehrlich! Niemand braucht die AfD, aber die das Ende der Volkspartei wird die Demokratie schon überleben. (Hat in Frankreich und Skandinavien ja auch geklappt.)
Eine Analyse in 3 Akten.
Die große Koalition im Bund schneidet im jüngsten ARD-Deutschlandtrend so schlecht ab wie nie zuvor in der von Infratest dimap erstellten Umfrage und hätte keine eigene Mehrheit. Die SPD fällt sogar hinter die AfD auf Rang 4 im Parteienwettbewerb zurück. Die Mehrheit der Befragten ist unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung und macht allen voran Kanzlerin Angela Merkel dafür verantwortlich. Vor allem für CSU und CDU, die in Bayern und Hessen die Regierung führen, dürfte das bei den anstehenden Landtagswahlen eine schwere Bürde sein.
Die Werte der Parteien im einzelnen:
Unions-Fraktionschef Volker Kauder hat's erlebt. Alles ist im Fluss. Der Mann verlor seine Wahl um den Fraktionsvorsitz gegen einen Nobdy: Ralph Brinkhaus!
Jetzt ist die Stunde der Parteienforscher, die analysieren und zumeist vor dem Untergang warnen. Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Wolfgang Merkel vom Wissenschaftszentrum Berlin hat die Erosion der Volksparteien mit einem Glaubwürdigkeitsproblem zu tun.
Der SPD empfahl Merkel, Mitglied der Grundwerte-Kommission der Partei, sogar:
Die Volkspartei und eine klassische Zwei-Parteien-Regierung haben sich in vielen Ländern überholt. Wohl bald auch in Deutschland. Und wäre das so schlimm?
In Rheinland-Pfalz etwa führt Regierungschefin Malu Dreyer, SPD, ein 3er-Bündnis aus Sozialdemokraten, Grünen und FDP. In Thüringen regiert Bodo Ramelow, Linke, mit SPD und Grünen in einer Rot-Rot-Grün-Koalition. Und zwar prächtig. In Berlin klappt Rot-Rot-Grün mit dem blassen Regierenden Bürgermeister Michael Müller weniger gut. Manche können es eben (Ramelow) und manche nicht (Müller)!
In Frankreich hat Emmanuel Macron eine neue Bewegung "En Marche" gegründet, die ihn ins Präsidentenamt spülte. In Deutschland versucht das Sahra Wagenknecht mit ihrer Bewegung "Aufstehen".
In Skandinavien sind Minderheitsregierungen die Regel. Wechselnde Mehrheiten eröffnen neue Chancen, auch in der Politikgestaltung.
Schon sagt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, CDU:
Die Union kann es also auch alleine. Aber schon jetzt wäre auch Jamaika möglich, ein Bündnis aus Union, Grüne und FDP (FDP-Chef Christian Lindner will aber erst Angela Merkel stürzen sehen). Und ist der Leidensdruck erst groß genug, könnte Rot-Rot-Grün irgendwann auch im Bund kommen (2025 frühestens, sagen die, die es machen müssten.)
Fakt ist: Deutschland hat vielleicht weniger von Angela Merkel genug als von der der Dauerregierungspartei CDU/CSU. Das Land kann sich entscheiden, ob Koalitionsverträge immer nur mit der Union verhandeln werden oder auch andere gesellschaftliche Mehrheiten jenseits der Union findet. Oder anders ausgedrückt. Es geht um das FC-Bayern-Problem der deutschen Politik. Immer nur Zweiter sein wollen, wie Leverkusen oder auch mal die Kräfte bündeln und vorbeiziehen an der ewigen Nummer 1.
Einfacher wird's nicht ohne die Volksparteien. Aber spannender.
(per)