Beziehung heißt bekanntlich Arbeit. Harte Arbeit. Bergwerk und so. Mindestens.
Für die CSU ganz besonders. Weil sie, um im Bild zu bleiben, beziehungstechnisch lange nicht mehr unter Tage gehen musste. Was war das schön, das Alleinsein. Bei Lichte, frei und festzeltsicher.
Doch vorbei die Zeit. Am Sonntag, mit Schließung der Wahllokale, wird die CSU einen Partner suchen. Müssen. Für eine Koalition.
Aber, keine Panik CSU! watson hilft bei der Partnersuche. Wir haben schonmal ganz zeitgemäß an den Tinderprofilen für die Kennenlernphase nach der Wahl geschraubt. Nur für den Fall...
Umfragen sehen die Grünen als zweitstärkste Kraft hinter der CSU. Bei einigen Demoskopen ist CSU/Grün sogar die einzig mögliche Zweierkonstellation. Vorbilder gibt es, zumindest in Kombination mit der Unionsschwester, in Hessen, Baden-Würtemberg und erweitert um die FDP in Schleswig-Holstein.
Und: Die grüne Doppelspitze mit Katharina Schulze und Ludwig Hartmann zeigt sich auffällig zurückhaltend, wenn die Koalitionsfrage ins Spiel kommt.
CSU und Grüne sind ja eigentlich, um im Söderschen Weltraumjargon zu bleiben, wie Pille und Spok. Zwischen dem rationalen Vulkanier und dem brodelnden Bordarzt der Enterprise herrschte eine Hassliebe. Auch bei der CSU gehört es zum guten Festzeltton, sich rhetorisch an den Grünen abzuarbeiten. Genauso ist das CSU-Bashing auf grüner Seite Teil der Partei-DNA.
Allerdings: Wer hätte noch vor Jahren gedacht, dass der konservative Knochen Volker Bouffier mal in Hessen nahezu geräuschlos mit den Grünen koaliert oder sich Winfried Kretschmann mit den Stimmen der badenwürttembergischen CDU zum Ministerpräsidenten wählen lässt. Eben.
Außerdem hat Markus Söder ja gerade das Visionäre in sich entdeckt. Spätestens als er die Raumfahrtstrategie "Bavaria One" vorstellte.
Wer bayerische Satelliten ins All schießen möchte, der zuckt vermutlich nicht einmal, wenn eine Koalition mit den Grünen den Ministerposten sichert. Das könnte er als Zukunftsprojekt verkaufen, als eine irdische Vision von Laptop und Lederhose. Konservatismus gepaart mit grüner Großstadtliberalität.
So schnell, wie Söder seine Wahlkampfstrategie weg vom AfD-Appeasement hin zum AfD-Konfrontationskurs wechselte, so schnell wird er sich auch auf Grün einstellen können, sollte das dem Söderschen Fortbestand dienlich sein. Das meint auch Winfried Kretschmann, wenn er von einer thematischen "Geschmeidigkeit" der CSU spricht und seinen grünen Kollegen in Bayern empfiehlt, offen zu sein für eine Koalition mit der CSU. Die Fraktionsvorsitzende in Berlin, Katrin Göring-Eckardt, ist da eher skeptisch und sagte jüngst, ihr fehle bei dieser CSU die Fantasie für eine Zusammenarbeit.
Die scheint zumindest die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze zu haben. Ein Bündnis mit der CSU schloss sie nicht aus. "Da nehmen wir die Inhalte als Maßstab." (Bild) Die Grünen deuten also Kompromissbereitschaft an. Und Markus Söder ist vor allem eines, wenn es um Machtsicherung geht: wandlungsfähig.
Schwieriger dürften Verhandlungen werden, sobald Streitthemen wie innere Sicherheit, Landwirtschaft oder der Kreuzerlass diskutiert werden. Aber auch das, alles eine Frage der Kommunikation. Und die beginnt ganz sicher nach der Wahl.
Allerdings: Die Grünen könnten einen Führungswechsel an der Spitze zur Bedingung für eine Koalition machen. Ilse Aigner oder Joachim Herrmann wären sicherlich CSU-Kandidaten, die aus grüner Sicht ein solches Bündnis besser moderieren könnten.
Dass Söder nach der Wahl zurücktritt, ist aber eher unwahrscheinlich. Im Gegenteil. Wahrscheinlicher ist: Obwohl es auf eine historische Wahlniederlage hinauslaufen dürfte, könnte Söder seine Machtposition nach der Wahl sogar noch festigen. Es ist das Söder-Paradox: Trotz bevorstehender Niederlage könnte er am Ende fester im Sattel sitzen denn je.
Weil: Seehofer!
Schon jetzt wird diesem die Schuld an den niedrigen Umfragewerten zugeschoben. Seehofer ist längst angezählt. In Berlin und Bayern. Er könnte den Parteivorsitz verlieren. Und Söder diesen übernehmen. Und dass am Ende beide gehen, Seehofer und Söder, und die CSU führungslos dastehen könnte, wäre im CSU-Verständnis gleichbedeutend mit lupenreiner Anarchie – absolut unbayerisch und nicht vorstellbar. Auch weil Markus Söders parteiinterne Hausmacht ungefährdet scheint – wozu nicht zuletzt die Schaffung gut dotierter neuer Posten für Regierungsbeauftragte beigetragen haben dürfte.
Beziehungswahrscheinlichkeit: Potential vorhanden.
Fazit: Nicht mit Söder, aber ohne eben auch nicht.