Maja und Co. sind die Sympathieträger der Krabbelwelt.Bild: imago/watson-montage
Deutschland
Die Biene ist die Influencerin unter den Insekten – und hochpolitisch
11.03.2019, 10:13
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An diesen Insekten führt derzeit kaum ein Weg vorbei: Bienen. Nicht
in der Umweltpolitik, den Medien oder in Heim und Garten. Der
Bienen-Trend tut auch der Artenvielfalt gut, hoffen Umweltschützer.
Die Biene befindet sich auf einem Höhenflug. Als
sympathische Botschafterin für mehr Artenvielfalt hat sie gerade erst
bayerischen Umweltschützern zum Erfolg verholfen. Gartenbesitzer
greifen zu ihrem Wohle immer häufiger zu bienenfreundlichen
Blühpflanzen. Und bundesweit wächst die Zahl der Imker, gerade in den
Städten. Die Popularität der fleißigen Pollensammlerin ist nicht
völlig neu, bekommt aber durch den Nachhaltigkeitstrend Aufwind – und
durch aufrüttelnde Nachrichten über das Insektensterben.
"Es gibt eine lange Kulturgeschichte im Zusammenleben von Menschen
und Bienen, weil Imkerei schon eine sehr alte Praxis ist", sagt der
Soziologe Stephan Lorenz von der Uni Jena, der zu dem Thema forscht.
Da die staatenbildenden Bienen wie Menschen soziale Wesen seien,
eigneten sie sich zudem gut für verschiedene – und meist positiv
besetzte – Deutungen.
"Die Menschen finden sich sozusagen in dem sozialen Leben der Bienen wieder."
Stephan Lorenz, Uni Jena
Im Lauf der Zeit wandeln sich zwar
die Deutungen, können aber immer wieder aktualisiert werden: "Das ist
eine gute Grundlage dafür, populär zu sein", sagt Lorenz.
Pop-Star der Insekten
So schwirrt die Biene derzeit auf Titelseiten durch die Presse. In
den sozialen Medien führen diverse Hashtags zu ihr, Initiativen
fördern das Imkern in der Stadt, der Roman "Die Geschichte der
Bienen" von Maja Lunde avancierte zum Bestseller und in mancher
Wohnung werden Bienen zur Deko – passend zum Trend, sich die Natur in
die eigenen vier Wände zu holen.
Seien es Grünpflanzen oder ein Geschirrtuch mit Bienenaufdruck: "Es
ist auch ein Ausdruck dessen, dass wir erkennen: Natur ist wichtig
für mich", meint Erdmann Kilian, der Sprecher der Konsumgütermesse
Ambiente in Frankfurt. Die Biene eignet sich aus seiner Sicht
durchaus zu einem Art Trendtier:
"Sie ist ein schönes, ikonographisches Tier, das wir aus der Kindheit – siehe Biene Maja – oder morgens in Form eines Honigbrotes auf dem Frühstückstisch wiedererkennen."
Erdmann Kilian
Auch die Gärtner bemerken eine wachsende Nachfrage nach bienenfreundlichen Angeboten und Informationen. "Die Menschen sind bei dem Thema sehr aufmerksam", erzählt Olaf Beier, Vorstandsmitglied im Bundesverband der Einzelhandelsgärtner. Er geht davon aus, dass die Nachfrage in diesem Jahr weiter steigen wird.
Sie ist schon knuffig. giphy
Sie boomt, die Biene
Den Bienen-Boom merken insbesondere die Imker: Noch vor zehn Jahren
hatte der Deutsche Imkerbund (DIB) nach einem Rückgang nur noch etwa
80.000 Mitglieder. Seitdem steigt die Zahl der Imker – und
insbesondere der Imkerinnen – an. 2018 gab es einen Zuwachs von 5.4
Prozent auf jetzt über 120.000 Mitglieder. Der Trend zur
Bienenhaltung in den Städten lockt gerade junge Leute, die der
Imkerei ein hippes Image verleihen. Diese Entwicklung tut auch den
Honigbienenvölkern gut: Der DIB schätzt ihre Zahl bundesweit auf
mittlerweile rund 900.000 – vor zehn Jahren waren es noch 694.000.
Die Imker sehen, neben Werbe- und Nachwuchskampagnen, mehrere Gründe
dafür: Meldungen über das Bienensterben bewegten die Menschen dazu,
selbst aktiv zu werden, sagt DIB-Sprecherin Petra Friedrich. Zudem
sei das allgemeine Interesse an der Natur gestiegen. Eine Umfrage
unter Neu-Imkern zu deren Motiven ergab demnach: "Fast immer ist der
Grund, dass sie etwas für die Natur und die Bestäubung tun möchten."
Insektensterben sorgt für Panik
Was Experten schon länger wissen, rückt durch zahlreiche
Medienberichte mehr und mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: Die
Zahl der Insekten schrumpft dramatisch. Bei den Bienen sind weniger
die als Nutztiere gehaltenen Honigbienen betroffen als vielmehr ihre
wilden Verwandten: Rund die Hälfte der Wildbienen-Arten gelten als
gefährdet.
Das ist nicht nur fatal für die Artenvielfalt, sondern eine Bedrohung
für uns Menschen: Für den Anbau zahlreicher Obst- oder Gemüsearten
sind wir auf die Bestäubungsleistung von Insekten angewiesen. Was
passiert, wenn die Biene fehlt, zeigt sich bereits in manchen
Regionen Chinas: Dort muss der Mensch Obstbäume von Hand bestäuben.
Bienen züchten ist weniger anstengend, als die Bäume selbst zu bestäuben.imago
Die Nachrichten über das Bienen- und Insektensterben sieht Soziologe
Lorenz auch als einen Auslöser für den gegenwärtigen Trend, sich
verstärkt den Bienen zuzuwenden:
"Das Schicksal der Menschheit wird an das Schicksal der Bienen geknüpft."
Stephan Lorenz, Uni Jena
Und das mobilisiert die
Menschen, wie das Beispiel Bayern zeigt: Unter dem Motto "Rettet die
Bienen" beteiligten sich vor kurzem 18.4 Prozent der Wahlberechtigten
an einem Volksbegehren zum Schutz der Artenvielfalt – ein Rekord. In
Bienenkostümen und mit niedlichen Bienenfiguren gingen dafür
Aktivisten auf die Straße.
Vom Bienenfan zum Artenschützer
"Die Biene ist ein Sympathieträger und ein Door Opener,
um auf den Artenschutz aufmerksam zu machen", sagt die Biologin und
Bienenexpertin beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Melanie von
Orlow. "Wir können über jeden Menschen froh sein, der sich für das
Thema interessiert." Viele Experten hätten bereits seit Jahren vor
dem Artenschwund gewarnt – seien aber lange Zeit nicht gehört worden.
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