Insgesamt 190 Migranten waren am 16. August aus Seenot gerettet worden. Das Schiff der italienischen Küstenwache konnte jedoch erst am Montag mit 177 von ihnen in Catania einlaufen.
Allerdings durften die Geretteten die "Diciotti" nicht verlassen. Innenminister Matteo Salvini hatte die EU-Kommission dazu aufgefordert, andere Mitgliedstaaten auszumachen, die die im Meer Geretteten aufnehmen. Solange es keine Antwort gebe, sollten die Flüchtlinge nicht an Land gehen dürfen.
16 Migranten wurden ins Krankenhaus von Catania gebracht. Drei Männer leiden an Tuberkulose, weitere zwei an Lungenentzündung, berichteten italienische Medien.
Auch elf Frauen wurden in die Gynäkologie-Abteilung des Krankenhauses eingeliefert. Zahlreiche Migranten würden außerdem an Krätze leiden, hieß es in italienischen Medien.
Um den Großteil der zuletzt 140 Migranten, die jetzt von Bord gingen, kümmert sich die italienische Bischofskonferenz, teilte die Regierung in Rom mit. Albanien und Irland – letzteres besucht derzeit Papst Franziskus – nehmen auch jeweils 20 Menschen auf.
Die italienische Justiz ermittelt derweil gegen Innenminister Matteo Salvini. Es werde gegen Salvini wegen "Freiheitsberaubung, der illegalen Festnahme und des Machtmissbrauchs" ermittelt, berichteten italienische Medien am Samstagabend. Die Untersuchung schließe auch Salvinis Bürochef ein.
Salvini kritisierte die Ermittlungen gegen ihn scharf: "Es ist unglaublich, in einem Land zu leben, in dem vor zehn Tagen eine Brücke eingestürzt ist, unter der 43 Menschen gestorben sind, und es keinen gibt, gegen den ermittelt wird", sagte er bei einem Auftritt im norditalienischen Pinzolo.
"Und sie ermitteln gegen einen Minister, der die Grenzen des Landes verteidigt. Es ist eine Schande." Vor der applaudierenden Menge fuhr er fort, "ihr habt eine Regierung, die die italienischen Bürger bis zum Ende verteidigen wird."
Die Vereinten Nationen hatten die EU im Streit um die Aufnahme von Flüchtlingen zurechtgewiesen und auf eine rasche Lösung gedrängt. An Italien richtete die Uno-Organisation den Appell, die Menschen "sofort" von Bord gehen zu lassen.
Uno-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi verurteilte die Behandlung der Flüchtlinge auf der "Diciotti" als "gefährlich und unmoralisch". Die Leben von Flüchtlingen würden gefährdet, "während die Staaten einen politischen Kampf um langfristige Lösungen führen", kritisierte er.
Italien erwägt im Migrationsstreit, die Verhandlungen um den neuen EU-Haushaltsentwurf zu blockieren. Nachdem es auf EU-Ebene bisher keine Lösung für die Verteilung von Flüchtlingen gegeben habe, prüfe man, ein Veto in den laufenden Verhandlungen einzulegen, erklärte Premierminister Giuseppe Conte am Samstagabend. Derzeit wird in der EU der Haushaltsrahmen für die Jahre 2021-27 diskutiert. Dieser muss von allen Mitgliedsstaaten gebilligt werden.
"Italien nimmt zur Kenntnis, dass sich der "Geist der Solidarität" kaum in konkrete Taten übersetzt", teilte Conte mit. "Wir können uns nicht mit einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zufrieden geben."
Italien ist mit knapp 20 Milliarden Euro der drittgrößte Netto-Beitragszahler in der EU. Die höchsten Beiträge zahlt Deutschland, gefolgt von Frankreich. Die Regierung in Rom, an der auch die fremdenfeindliche Lega-Partei beteiligt ist, fährt in der Flüchtlingspolitik seit ihrem Amtsantritt im Juni eine harte Linie.
(afp/dpa/vom)