Der angebliche Mord an dem regierungskritischen russischen Journalisten Arkadi Babtschenko in Kiew ist nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU eine Spezialoperation gewesen. Babtschenko erschien am Mittwoch lebendig und unverletzt bei einer Pressekonferenz des SBU.
Der angebliche Mord sei eine über Monate vorbereitete Aktion gewesen, um Anschlagspläne des russischen Geheimdienstes zu enttarnen, sagte SBU-Chef Wassili Grizak. "Wir haben einen Mordanschlag auf Babtschenko mit einem Spezialeinsatz verhindert." Der mutmaßliche Organisator sei festgenommen worden und werde verhört.
Der Journalist sagte, er sei vor etwa einem Monat eingeweiht worden.
Er entschuldigte sich bei seiner Frau "für die ganze Hölle, die sie durchmachen musste".
Der vermeintliche Tod des prominenten Kreml-Kritikers hatte weltweit Trauer und Empörung ausgelöst. Bislang hatten die ukrainischen Behörden mitgeteilt, Babtschenko sei am Dienstagabend in Kiew erschossen worden. Die ukrainische Regierung hatte Moskau für den politischen Mord verantwortlich gemacht, was Russland zurückgewiesen hatte.
Der Täter habe von den Hintermännern 30.000 US-Dollar in Aussicht gestellt bekommen, für einen Mittelsmann habe es 10.000 Dollar gegeben, sagte Geheimdienstchef Grizak.
"Ich bedauere, dass Babtschenko an dieser Provokation der ukrainischen Geheimdienste teilgenommen hat", sagte der russische Senator und Außenpolitiker Konstantin Kossatschow in einer ersten Reaktion.
Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bezeichnete den fingierten Mord an dem kremlkritischen Journalisten in einem Facebook-Post als Propagandaaktion. "Dass Babtschenko lebt, ist die beste Nachricht", schrieb sie. Der Kreml lehnte eine Stellungnahme zunächst ab.
"Ich bin überzeugt, dass die russische totalitäre Maschinerie ihm seine Ehrlichkeit und Prinzipientreue nicht verziehen hat", schrieb der ukrainische Ministerpräsident Wladimir Groisman zuvor auf Facebook.
Babtschenko hatte in seinen Artikeln die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den verdeckten russischen Krieg in der Ostukraine kritisiert. Er hatte Russland Anfang 2017 verlassen, weil sich Drohungen gegen ihn und seine Familie häuften. In Kiew arbeitete er unter anderem für einen TV-Sender der Krimtataren, ATR.
Ursprünglich hieß es, Babtschenko sei am Dienstag vor seiner Kiewer Wohnung von einem Unbekannten erschossen worden.
Seine Frau habe die Schüsse gehört und ihren Mann blutend auf dem Boden liegend in seinem Wohnhaus gefunden, teilte die Polizei in der ukrainischen Hauptstadt mit. Babschenko starb demnach auf dem Weg ins Krankenhaus.
Ein Kollege des Journalisten, Osman Paschajew, schrieb bei Facebook, Babschenko sei im Treppenhaus seines Wohnhauses drei Mal in den Rücken geschossen worden.
Die Ermittler erklärten, sie vermuteten, dass die Tat in Verbindung mit der Arbeit Babschenkos stehe und gingen dementsprechend dieser Spur nach, sagte der Polizeichef von Kiew, Andri Kryschtschenko, der Nachrichtenagentur Interfax Ukraine.
Das russische Außenministerium forderte unterdessen, die ukrainischen Behörden müssten "alles unternehmen, um eine effektive Untersuchung vorzunehmen".
In der ukrainischen Hauptstadt ist es der dritte aufsehenerregende Mord an einem Journalisten in vier Jahren.
(aj/ak/mbi/fh/afp/dpa/rtr)