Im Trotz greifen russische Diplomaten gerne mal zu Twitter. Als am Montag etwa klar wird, dass 60 ihrer Kollegen die USA verlassen müssen, erstellen sie kurzum eine Umfrage für ihre Follower. "Wenn ihr entscheiden könntet", steht darin: "Welche US-Botschaft sollte Russland zum Ausgleich schließen?"
Das klingt erst einmal kindisch. Aber in der Tat muss Russland jetzt in irgendeiner Form reagieren. Nicht nur die USA haben Diplomaten des Landes verwiesen, auch die Europäer und die Nato. Unter anderem schickt Deutschland vier
russische Diplomaten nach Hause. Es ist die größte gemeinsame Maßnahme seit dem Ende des kalten Kriegs. Hintergrund ist der mutmaßliche Giftanschlag Russlands auf einen ehemaligen Agenten des Landes in England.
Russlands Präsident Wladimir Putin droht deshalb: Seine Außenamtssprecherin kündigte am Montag Maßnahmen gegen jedes einzelne Land an, das Diplomaten ausweisen will. Der Gedanke liegt nahe, dass auch Russland als Antwort Vertetungen anderer Staaten schließen wird. Die trotzige Twitter-Umfrage der US-Botschaft wird sehr reale Folgen haben.
Aber was bedeuten die Ausweisungen am Ende? Werden sie Putin eher in die Hände spielen, oder führen sie die EU-Staaten und die USA auf einen gemeinsamen Weg?
Wir haben drei Szenarien zusammengestellt, die jetzt eintreten könnten.
Die Ausweisung der Diplomaten ist der bisher plakativste Schritt des Westens, aber nicht der erste gegen den Präsidenten. Seit Jahren verhängt Europa Sanktionen gegen Russland.
Längst gehen Experten davon aus, dass Sanktionen des Westens dem Präsidenten in Moskau eher nutzen als schaden. Sie können, verwertet von der Propaganda der russischen Staatsmedien, "sogar zur Konsolidierung des autoritären russischen Regimes beitragen", schreibt etwa die Russlandexpertin Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Putin können die Sanktionen also nur Recht sein, die Ausweisungen seiner Diplomaten bestätigen in Russland nur den Eindruck der westlichen Bedrohung.
Die Ausweisung wirkt wie ein bitter nötiges Ausrufezeichen. Noch zu Beginn 2017 schien ein gemeinsamer Plan Europas gegenüber Russland auf der Kippe zu stehen.
Das hat sich jetzt geändert. Die Ausweisung der Diplomaten hat Signalwirkung. Nicht nur die Mehrheit der EU-Staaten, sondern auch die USA und Kanada beteiligen sich: Der Westen ist weniger gespalten, als Putin es gerne hätte. Stattdessen sieht sich Russland:
In dieser veränderten Situation kann Europa seine Sanktionen einsetzen, um die russische Politik in eine bestimmte Richtung zu steuern.
Sanktionspakete könnten etwa im Austausch mit der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen in der Ostukraine verbunden werden. Weil der gemeinsame Druck aus dem Westen so stark auf die Wirtschaft Russlands wirkt, könnte Putin mitmachen müssen
Es gibt bestimmte Widersprüche, die sich einfach nicht ausräumen lassen und die keine Annäherung im Konflikt zulassen werden.
Zu Wahrheit gehört auch: Die Wahlen in Russland sind vorbei und auch das ändert die Lage. Putin steht im eigenen Land noch immer vor enormen Aufgaben. Russland muss er sozialpolitisch und wirtschaftlich reformieren. Der Westen war und ist für ihn vor allem ein Instrument, um Zuhause von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken.
Nach der Wahl könnte der Präsident jetzt erst einmal an Ruhe orientiert sein. Die lästige Affäre um das Attenat auf den ehemaligen Agenten könnte er schnellstmöglich beilegen wollen. Er wird die Diplomaten ausweisen, dann aber den Status Quo beibehalten. Kein Kontakt bedeutet keine weiteren Probleme. Erst einmal.