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China wird für Merkel plötzlich wichtig, nicht nur in Handelsfragen

Chinese Premier Li Keqiang, left, and German Chancellor Angela Merkel attend a welcoming ceremony at the Great Hall of the People in Beijing Thursday, May 24, 2018. (Wu Hong/Pool Photo via AP)
Bild: epa
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Ist China Angela Merkels neuer Buddy? 3 Konfliktpunkte und ein bisschen Harmonie

24.05.2018, 15:1924.05.2018, 16:07

Angela Merkel besucht zum 11. Mal als Kanzlerin China und nennt das Land einen "strategischen Partner". Doch ganz einfach ist der neue Freund nicht. 3 Konfliktpunkte und ein bisschen Harmonie.

Konflikt I: Marktzugang

"Reziprozität" heißt das neue Zauberwort der Kanzlerin. Gemeint ist: Ähnlich wie chinesische Unternehmen in der EU wollen auch europäische Unternehmen einen leichteren Zugang zu dem lukrativen Markt in China. 

  • Denn chinesische Unternehmen werden bei der Vergabe von Aufträgen in China oft bevorzugt.
  • Zudem werden ausländische Firmen, die in China produzieren, oft in Joint-Ventures mit chinesischen Partnerunternehmen gedrängt (für die Autoindustrie läuft eine entsprechende Regelung gerade aus). 
    Problem: EU-Unternehmen fürchten einen Abfluss an Knowhow und Wissen.
  • Deutsche Firmen in China fürchten um die Sicherheit ihrer Daten, wenn sie in China gespeichert werden, was jetzt nach dem Gesetz verlangt wird.
  • China kann mehr als nur Billigwaren herstellen, wie etwa Mobiltelefone für US-Hersteller zusammenschrauben.  "Made in China 2025" bedeutet ein 300-Milliarden-Euro-Programm, mit der Chinas Führung künftig auch heimische Produktion in Hochtechnologie fördern will. 
    Zur Stategie gehört auch, die Übernahme von Firmen im Ausland. In Deutschland traf es zuletzt den
    Roboterhersteller Kuka.

Chinas Premier Li Keqiang sagte deutschen Unternehmen auf einer Sitzung des gemeinsamen Wirtschaftsausschusses eine schrittweise Marktöffnung auch für Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister zu. 

Konflikt II: Freihandel

Der Unruhestifter

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Bild: AP

Die EU und China streben ein Freihandelsabkommen an. Auch wenn noch viele Hürden drohen, etwa zum Schutz von Investitionen oder zum Schutz geistigen Eigentums. 

US-Präsident Donald Trump setzt auf Handelsstreit. China lenkte ein und sagte zu, mehr Waren aus den USA zu kaufen (etwa Soja) und Zölle zu senken (etwa für Autos). 

Mit Blick auf Trumps Streit mit der EU läuft am 1. Juni die entscheidende Frist ab.

  • Für Stahl und Aluminium hat der US-Präsident schon mit Strafzöllen gedroht.
  • Zuletzt nahm er auch Autoimporte ins Visier. Das würde vor allem deutsche Unternehmen treffen.

Li und Merkel bekannten sich angesichts der Abschottung der USA zu globalem Freihandel und internationalen Lösungen für Krisen. Merkel wünschte sich Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen der EU mit China. Dies könne eine Grundlage für ein späteres Freihandelsabkommen sein.

China bleibt ein schwieriger Handelspartner. Aber immer noch einfacher als die USA unter Donald Trump.

Konflikt III: Menschenrechte

Man habe zwischen Berlin und Peking Gesprächsformate gefunden, in denen auch schwierige Themen offen angesprochen werden könnten, befand Angela Merkel und wurde aus der Runde der mitgereisten Journalisten nach Menschenrechten gefragt.

"Auch Humanität liegt
uns am Herzen."
Li Keqiang, Regierungschef Chinas

Chinas Regierungschef Li reagierte ausweichend auf die Zukunft von Liu Xia, der Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo. Ohne konkret auf das Schicksal der unter Hausarrest stehenden Fotografin und Dichterin einzugehen, sagte er nur, beide Seiten sprächen auch über Einzelfälle. "Auch Humanität liegt uns am Herzen."

Politiker in Deutschland und Menschenrechtsgruppen in Europa und China hatten zuvor auf die Ausreise Liu Xias gedrängt. Die 59-Jährige steht seit acht Jahren praktisch unter Hausarrest in Peking, ist zunehmend depressiv und möchte nach Deutschland ausreisen. Bisher vergebens.

Über delikate Menschenrechtsfälle wird gern hinter verschlossenen Türen verhandelt. Das macht den Gastgebern Zugeständnisse einfacher.

Getrübte Harmonie I: Iran-Sanktionen 

So läuft das mit dem Atomdeal

Kanzlerin Merkel bekräftigte, dass Deutschland wie der Mitunterzeichner China weiterhin dem Abkommen verpflichtet sei. Das Abkommen sei nicht perfekt, die Alternativen dazu seien aber noch unsicherer. Deswegen sei es besser, zu dem Atomabkommen zu stehen.

Trump hatte das Abkommen einseitig gekündigt, sein Außenminister Mike Pompeo kündigte zuletzt die "härtesten Sanktionen der Geschichte" an. Das Problem ist, dass die Iran-Restriktionen auch Unternehmen treffen, die in den USA Handel treiben.

Chinas Regierungschef Li Keqiang äußerte sich kritisch über den Ausstieg der USA aus dem multilateralen Atomabkommen mit dem Iran, das selbst von den Vereinten Nationen abgesegnet worden sei. "Das hat sehr, sehr negative Folgen für die Lösung anderer Konflikte."

Donald Trump dürfte darunter etwas anderes verstehen als China und Deutschland.

Getrübte Harmonie II: Nordkorea

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Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un setzte am Mittwoch ein Zeichen. Er ließ die Atomtestanlagen des Landes zerstören. 

Merkel und Chinas Regierungschef Li Keqiang appellierten an beide Staatschefs, an den Verhandlungen festzuhalten. Es komme auf eine friedliche Lösung der Probleme durch Dialog an, sagte Li. Es gebe Anzeichen für eine Entspannung in dem Konflikt um Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm. "Alle sollten weiter daran arbeiten."

Merkel sagte, sie hoffe, dass es zu einer atomaren Abrüstung komme.

Es kommt nicht, vorerst.

Trump sagte die für Juni geplante Begegnung am Donnerstag ab. Eine neuerliche Enttäuschung aus Washington.

Ausblick

"Man braucht Kooperationsnetzwerke mit ähnlichen Standards", sagte Angela Merkel. Dies gelte:

  • bei der Entwicklung des autonomen Fahrens
  • beim Ausbau des Mobilfunknetzes
  • bei der Regulierung des Industrie 4.0.

Schon im Juli sind in Berlin Regierungskonsultationen geplant. Man habe zwischen Berlin und Peking Gesprächsformate gefunden, in denen auch schwierige Themen offen angesprochen werden könnten. Merkel hofft dann schon auf entsprechende Kooperationsabkommen, etwa im Bereich des autonomen Fahrers. Zudem soll der Praktikantenaustausch ausgebaut werden.

Fazit: China ist mehr als ein Handelspartner.

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