Ein echter Deutscher müsse "deutschen Blutes sein". Davon waren die Nazis überzeugt, und diese Einstellung vertreten Neonazis bis heute. Ihre Vorstellung davon, was ein Volk ist, wird durch das Abstammungsprinzip bestimmt. Sie wollen eine ethnisch einheitliche "Volksgemeinschaft" schaffen.
Dieser Volksbegriff, der etwa von der rechtsextremen NPD vertreten wird, spielte auch im letzten Verbotsverfahren gegen die Partei eine Rolle. Die Verfassungsrichter verboten die NPD 2017 zwar nicht, stuften sie aber trotzdem als verfassungsfeindlich ein. Das Urteil umfasst gut 260 Seiten. Darin schreiben die Richter unter anderem:
Die NPD steht auf einer langen Liste von Parteien und Organisationen, deren Mitglieder nicht Mitglied der AfD werden dürfen. Es gibt einen sogenannten Unvereinbarkeitsbeschluss. Gerade in der Frage des Volksbegriffs unterscheiden sich einige AfD-Politiker trotzdem kaum von den Neonazis der NPD.
Das zeigte sich in den vergangenen Tagen etwa in der Debatte über die Tötung einer 17-Jährigen im nordrhein-westfälischen Sankt Augustin. Die Leiche der jungen Frau war in einer städtischen Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose gefunden worden. Der mutmaßliche Täter ist ein 19-Jähriger, der sowohl die kenianische, als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Rechtlich ist klar: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft hat, der ist Deutscher.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka sieht das jedoch anders. Auf Twitter teilte er einen Ausschnitt aus einem Fernsehbeitrag des ZDF, in dem der Tatverdächtige als Deutscher bezeichnet wird. Protschka kommentierte das Video mit den Worten:
Der Journalist Justus Bender von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wies anschließend daraufhin, dass Protschka hier NPD-Jargon übernehme.
Er machte außerdem auf das Verfassungsgerichts-Urteil aufmerksam, dass einen solchen Volksbegriff als "verfassungsrechtlich unhaltbar" einstuft.
Und Stephan Protschka, der auch im Parteivorstand der AfD sitzt? Der ruderte nicht etwa zurück, sondern bediente sich eines Vergleichs aus dem Tierreich:
Was der AfD-Politiker damit aussagt: Als Deutscher muss man geboren sein, Deutscher kann man nicht werden, auch nicht durch Einbürgerung. Vom Volksbegriff der Nationalsozialisten unterscheidet sich das kaum.
Der Bundestagsabgeordnete ist bei weitem nicht der Einzige in der Partei, der so denkt. Andreas Wild, der für die AfD in das Berliner Abgeordnetenhaus gezogen ist, im vergangenen Jahr aus der Fraktion geschmissen wurde und jetzt auch aus der Partei fliegen soll, twitterte im Februar 2017:
Auch der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen machte im vergangenen Jahr mehrfach klar, wen er für deutsch hält: Menschen die "deutsch" aussehen nämlich (was auch immer das bedeuten soll). Er sagte etwa in der "Berliner Runde", er sehe in deutschen Innenstädten zum Teil "noch vereinzelt Deutsche". Kanzlerin Angela Merkel entgegnete darauf verwundert, sie könne die Staatsangehörigkeit von Menschen auf der Straße nicht erkennen.
Für Äußerungen wie die von Stephan Protschka dürfte sich auch der Verfassungsschutz interessieren, wenn es darum geht, ob die AfD in Zukunft bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll.