Mitschüler kleben einem jüdischen Jungen einen Hakenkreuz-Sticker auf den Rücken, pusten ihm den Rauch einer E-Zigarette ins Gesicht. Dazu die einschüchternden Worte:
Schon wieder gab es eine Reihe antisemitischer Vorfälle an einer Berliner Schule. Und zwar nicht im "Brennpunkt". Die John-F.-Kennedy-Schule ist eine deutsch-amerikanische Eliteschule im Villenviertel Zehlendorf. Die Eltern vieler Schüler sind Diplomaten.
"Wir konnten die Familie nicht zufriedenstellen", räumt der Geschäftsführende Direktor Brian Salzer bei der Pressekonferenz auf Englisch ein. Er könne die Trauer und die Sorgen der Eltern verstehen. Die Direktoren und die Schulrätin bemühen sich um Schadensbegrenzung, nennen aber keine Einzelheiten. Immer wieder betonen sie, von den Vorfällen vorher nichts gewusst zu haben. Man suche jetzt das Gespräch mit Eltern beteiligter Schüler. Auf eine halbe Stunde haben sie die Pressekonferenz beschränkt. Sie wird auf die Minute genau für beendet erklärt.
Während der 30 Minuten zeichnet der Amerikaner Salzer das Bild einer Multikulti-Welt wie aus dem Bilderbuch. Er spricht von Toleranz und Neugierde, die an der zweisprachigen Schule herrsche, von Ethik und Moral im Unterricht, der Internationalität der Schulklientel.
Junge Leute träfen eben manchmal "wrong choices", falsche Entscheidungen, wie Direktor Salzer sagt. Was sich unter Schülerinnen und Schülern abspiele, bleibe für Lehrer oft unergründlich, man könne sich schließlich nicht in die WhatsApp-Gruppen einloggen.
Die etwa 1600 Plätze an der "JFKS" sind hochbegehrt, die auf Dutzende Gebäude verteilte Schule im Grünen erinnert an einen US-Campus. Hier lernen Söhne und Töchter von Diplomaten und Professoren. Was könnte da schiefgehen?
Die Schule hatte bereits einen Tag zuvor Fehler eingestanden. Man habe die Dimension des Falles unterschätzt. Dazu passt wohl auch der Vorwurf des Zentralrats der Juden, die Kennedy-Schule sei nur unter dem Druck geplanter Medienberichte an die Öffentlichkeit gegangen.
Auch das Internationale Auschwitz Komitee hat die Schule nach den antisemitischen Vorfällen scharf kritisiert. Der geschäftsführende Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, sagte:
Jetzt will die Schule "Diskriminierung" und "Toleranz" auf den Plan setzen – und die Lehrer zum Thema Antisemitismus fortbilden. Das ist auch im Sinn des Antisemitismus-Beauftragten des Bundes, Felix Klein. Er sieht dazu ein Defizit bei Lehrern, sagte er im rbb-Inforadio. Sie seien oft nicht ausreichend auf solche Situationen vorbereitet. Bereits an diesem Freitag sollen sie an der Kennedy-Schule darüber mit den Schülern in den Klassen sprechen – zur Zeugnisausgabe, am letzten Schultag vor den Sommerferien.
(fh/dpa)