Der Zugriff ist so gefährlich, die Polizei will ihn nicht ohne ihre
Elite-Einheit GSG9 durchführen. Es ist Juni 2017. Bei einer Großrazzia in
Südthüringen und im Raum Erfurt gehen die Beamten gegen eine Neonazi-Gruppe vor. Teile ihrer Mitglieder bekennen sich zur "Europäischen Aktion" – eine Dachorganisation für europäische Holocaust-Leugner und Rechtsextreme.
13 Mitglieder wird die Sondereinheit festnehmen. Aber das ist nicht das Interessante. Das Interessante ist: Die Polizei beschlagnahmt an jenem Tag ein
ganzes Sortiment an Schusswaffen.
Darunter "mehrere Kurz- und Langwaffen, Waffenteile und sonstige
Waffen", schreibt damals das Landeskriminalamt. Die Festgenommenen, so heißt es
auch, hätten an sogenannten "bewaffnete Waldbiwaks" teilgenommen oder diese
selbst veranstaltet. Das sind Zeltlager mitten im Nirgendwo, bei denen die Neonazis ungestört das Schießen übten.
Kriminologen warnen genau hiervor: In Deutschland entsteht seit einigen Jahren eine bewaffnete und gewaltbereite rechte Szene.
Darauf deuten jetzt auch neu zusammengestellte Zahlen der Bundesregierung hin, die watson vorliegen:
750 bei den Behörden
bekannte Rechtsextremisten verfügen demnach über eine oder mehrere waffenrechtliche Erlaubnisse.
Zwischen Januar 2017 und Juni diesen Jahres gab es 19
Fälle, "in denen Rechtsextremisten einzelne oder auch mehrere
aufeinanderfolgende Schießübungen abgehalten haben".
Etwa die Hälfte dieser "Schießübungen" fand im
europäischen Ausland statt.
Die Bundesregierung listet 23 Fälle auf, in
denen bewaffnete Angreifer Straftaten "gegen Asylunterkünfte" verübten. Allerdings: Es ist nicht bewiesen, dass bewaffnete Übergriffe auf Asylsuchende automatisch "von rechts" kommen.
Außerdem gab es 12 bewaffnete Übergriffe auf "Asylbewerber/Flüchtlinge". Darunter viele Angriffe mit Softairs und Schreckschusspistolen. In einem
Fall kam aber sogar eine Kalaschnikow zum Einsatz.
Die Ausführungen
stammen aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag.
Deren Initiatorin Martina Renner fordert:
"Behörden müssen diese Gefahr ernstnehmen und entschlossener als bisher
gegen bewaffnete Neonazis vorgehen."
watson
Die stellvertretende Vorsitzende der Linken ist überzeugt: Die Zahlen würden zeigen, wie groß die Gefahr ist, die von Rechtsextremen ausginge.
watson hat auch das Innenministerium über die Zahlen befragt. Wir wollten etwa wissen, wo die Trainingslager im Ausland genau stattfinden. Eine Sprecherin teilte unter Berufung auf Geheimhaltsungsbedürftigkeit mit, man könne keine Auskunft erteilen. "Im
Einzelfall wäre auch eine konkrete Gefahr für Leib und Leben von Quellen durch
gewaltbereite Rechtsextremisten, die Zugang zu Schusswaffen haben, zu
befürchten", sagte sie.
Bereits Anfang des Jahres hat die Deutsche
Polizeigewerkschaft etwa bei den sogenannten Reichsbürgern ein "sehr hohes" Gewaltpotenzial attestiert. Die Gewerkschaft geht von mehr als 1000 bewaffneten Anhängern dieser Ideologie aus. Knapp 17.000 Reichsbürger gehen davon aus, dass
Deutschland eigentlich noch immer als "deutsches Reich" bestehen sollte. Auch das
Bundeskriminalamt bestätigt: Eine wachsende Anzahl davon ist bewaffnet.
Die Radikalisierung passiert auch in anderen Bereichen:
Dazu kommt, dass die Deutschen generell mehr Waffen tragen. Die Nachfrage nach dem sogenannten "kleinen
Waffenschein" steigt seit Jahren. Knapp 590.000 Bürger haben so einen Schein, mehr als doppelt so viele wie 2015 – Ihre Träger
dürfen Schreckschuss-, Gas- und Signalwaffen mit sich tragen. Dazu gehört etwa
auch Chlorgas-Spray.
Durch die Zunahme an Schreckschusswaffen kommt es immer wieder zu Verwechselungen und zu Einsätzen von Behörden. Etwa, als die Mannheimer Polizei im vergangenen Jahr zwei Männer in Anti-Terror-Montur festnahm, die in ihrem Zuhause mit Schreckschusswaffen um sich schossen.
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Wer die deutsche Podcast-Landschaft einigermaßen kennt, hat schon mal von "Hotel Matze" gehört. Seit 2016 gibt es das Interview-Format von Matze Hielscher – und man muss schon konzentriert nachdenken, damit einem ein paar angesagte deutsche Promis einfallen, die noch nicht bei ihm zu Gast waren.