Du likest schon wieder? 7 Gründe, warum der Facebook-Skandal noch nicht vorbei ist
05.04.2018, 09:5626.04.2018, 11:54
Daniel Schurter
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Inhaltsverzeichnis
Vergesst Cambridge Analytica! (1)
Zuckerberg hat ein Monster erschaffen, das er nicht zähmen will (2)
Die Medien sind Teil des Problems (3)
Die Lösung ist brutal einfach (4)
Strengere Gesetze helfen kaum (5)
Die Tech-Milliardäre werden uns nicht retten (6)
Der "Informationskrieg" geht weiter (7)
Es gilt die IT-Sicherheit zu erhöhen, aber...
PS: Sündenböcke
Vergesst Cambridge Analytica!
Desinformation und Propaganda gibt es, seit sich Menschen zu Gruppen formieren und miteinander austauschen.
Cambridge Analytica mag wegen ethisch verwerflicher und mutmaßlich illegaler Geschäftspraktiken am Pranger stehen. Doch ist die britisch-amerikanische Firma kein Einzelfall, sondern Teil einer milliardenschweren Branche.
Längst hat modernste Technik aus dem Silicon Valley überall Einzug gehalten: Big Data war schon unter Obama eine Geheimwaffe im Arsenal der Politstrategen und Wahlkämpfer.
Der Kampf um die Macht wird in Hinterzimmern ausgetragen und mit unvorstellbar viel Geld. Dazu gehören Heere von Anwälten, die versuchen, System-Kritiker mundtot zu machen.
Es ist den Journalistinnen und Journalisten vom "Guardian", der "New York Times" und dem britischen TV-Sender Channel 4 hoch anzurechnen, dass sie sich nicht einschüchtern ließen und den neuesten Skandal publik machten. Andere Medien haken nach. Und auf die Vierte Gewalt folgt die Dritte, Zweite und die Erste.
Man darf gespannt sein, was herauskommt. Was wir heute schon wissen, ist, dass die obskuren Geschäfte um Wählerstimmen und Einfluss weitergehen ...
Zuckerberg hat ein Monster erschaffen, dass er nicht zähmen will
Ob der Facebook-Gründer manchmal schweißgebadet aufwacht? Wir wissen es nicht, und werden es kaum erfahren. Mark Zuckerberg wird sich hüten, dies auf seiner Facebook-Profilseite preiszugeben...
Was wir wissen, ist, dass er in den letzten Wochen rekordverdächtig viele Facebook-Aktien verkaufte, wobei dies schon vor längerer Zeit angekündigt wurde. Und nach dem Hochkochen des jüngsten Skandals schwieg er zunächst eisern – und erhielt dafür prompt einen eigenen Hashtag: #WheresZuck.
Dann meldete sich der Facebook-Chef endlich zu Wort. Und zur Vorbereitung hatte er offenbar eine ganze Kreidefabrik gefressen.
In salbungsvollen Worten bestätigt "Zuck" nun eigentlich nur, dass er am problematischen Geschäftsmodell festhält. Das muss niemanden verwundern: Er hat das "System Facebook" so konstruiert, dass es seine Mitglieder in einem starken Sog gefangen hält und sie dazu verleitet, möglichst viele höchst private Informationen preiszugeben. Daten sind Gold.
Die Werbetreibenden gehen mit ihren Werbegeldern dahin, wo die User sind. Facebook verspricht die maßgeschneiderte Auslieferung von Anzeigen und eine enorme Reichweite.
Dies machten sich während vielen Jahren auch die traditionellen Medien zunutze – und tappten vertrauensselig in die Falle, die ihnen Zuckerberg gestellt hatte. "Ihr gebt mir gratis eure wertvollen Inhalte, ich vermittle euch mehr Publikum."
Ein trojanisches Pferd war der Like-Button, der es Facebook ermöglicht, die Leute außerhalb seiner Plattform zu überwachen. Erfasst werden auch Nicht-Mitglieder.
Bild: www.giphy.com
Aus Sicht von Facebook wurde es immer besser, denn nach ein paar fetten Jahren des ungebremsten Wachstums hieß es: "Ihr müsst uns bezahlen, damit wir eure Inhalte verbreiten." Böses Erwachen bei Verlagshäusern und Neuen Medien, die sich als Partner des Silicon-Valley-Riesen gesehen hatten.
Nun ging die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr auf. Und der Image-Schaden ist beträchtlich. Doch zum Glück gibt's eine gute Nachricht: Der Stoff für Zuckerbergs Albträume ...
Die Lösung ist brutal einfach
#DeleteFacebook.
#DeleteJedeAndereDatenkrake
Nutze nur noch Dienste, die deine Daten wirklich schützen und deine Privatsphäre respektieren.
Ja, ich weiß, bei Boykott-Aufrufen herrscht schon innerhalb der Journalisten-Zunft keine Einigkeit. Doch wehre ich mich gegen Vorwürfe, dies sei heuchlerisch und bringe nichts.
Wie sonst, als übers Portemonnaie, soll man profitorientierte Unternehmen zu gesellschaftstauglichem Verhalten motivieren? Und wie sonst soll man Produkte stärken, die auf einem nachhaltigen Geschäftsmodell aufbauen?
Strengere Gesetze helfen kaum
Facebook hat sich bislang erfolgreich einer strengen Regulierung entzogen. Von Google, das bezüglich Web-Suche eine ähnliche Vormachtstellung einnimmt, lässt sich Ähnliches sagen. Abzuwarten gilt, was die neuen Vorschriften der EU zum Datenschutz bringen. Die DSGVO ist jetzt in Kraft.
Reaktion auf die Einführung der DSGVO.
Selbst wenn es den Politikern in Europa und den USA gelingen sollte, die Internet-Giganten mit strengeren Gesetzen und der Androhung von Rekordstrafen zu bändigen: Die Nachfolger stehen in den Startlöchern. Man erinnere sich an MySpace, Yahoo und andere ehemals mächtige Tech-Sterne, die vergingen. Muss Facebook zerschlagen werden? Ich denke nicht, dass dies zu rechtfertigen ist.
Was wir hingegen dringend in Angriff nehmen müssen, ist eine gerechtere Besteuerung dieser Konzerne, wie auch der unvorstellbar reichen Menschen dahinter. Denn ...
Die Tech-Milliardäre werden uns nicht retten
Man kann sie anhimmeln, ja vergöttern, doch das grundlegende Problem bleibt: Multimilliardäre wie Bill Gates haben ihr Vermögen auf Kosten anderer gemacht, um sich dann als große Wohltäter zu inszenieren – und weiterhin abzukassieren. Man sehe sich die Forbes-Liste der reichsten Männer der Welt an ...
Bild: www.giphy.com
Der Informationskrieg geht weiter*
* Auf die Gefahr hin, dass ich wie Daniele Ganser klinge, aber: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! 😉
Es ist leider wahr: Desinformation und Propaganda werden weiterhin von allen Seiten auf uns einprasseln. Umso wichtiger ist Transparenz. Stichwort Parteienfinanzierung und Offenlegung von politisch motivierten Spenden.
Entscheidend ist die Medienkompetenz. Wir müssen unseren Kindern beibringen, woran man Fake News erkennt. Was passiert, wenn das Bildungssystem bei einer derart wichtigen Aufgabe versagt, sehen wir am Beispiel USA.
Bild: www.giphy.com
Mein Fazit: Wir sollten endlich Abschied nehmen vom Schwarz-Weiß-Denken. Ja, die "bösen Russen" und der "verrückte Kim" versuchen, mit ihren Hacker-Truppen westliche Demokratien zu destabilisieren.
Genau so gefährlich sind aber die Demokratie-Feinde im Westen. Wie zum Beispiel der ultrakonservative US-Milliardär Robert Mercer, der Cambridge Analytica finanzierte und Donald Trump zur Wahl verholfen haben soll.
Es gilt die IT-Sicherheit zu erhöhen, aber...
... 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht.
Weil wir nicht wissen, welche Kräfte hinter den Kulissen wirken, und wir nicht ausschließen können, dass Individuen und Massen über Facebook und Co. beeinflusst werden, ist klar: Technische Experimente wie das e-Voting sind viel zu riskant. Wir dürfen das Vertrauen in die direkte Demokratie nicht aufs Spiel setzen!
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