"Sie war eine überzeugte Nationalsozialistin" – die Reaktionen zum Zschäpe-Urteil
Am Mittwoch sind nach fünf Jahren Verhandlung in München die Urteile im NSU-Prozess ergangen.
Das Urteil, die Begründung und die Reaktionen.
Die Opfer der Terrorgruppe
Der Schuldspruch
Das Urteil erläuterte am Mittwoch Gerichtssprecher Florian Glwitzki.
- Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe muss lebenslang in Haft. Zudem erkannte das Gericht auf die besondere Schwere der Schuld. Das Oberlandesgericht München verurteilte sie "wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Darüber hinaus als Mittäterin zweier Anschläge, als Mittäterin von 15 Raubüberfällen sowie des Mordanschlags auf zwei Polizeibeamte", wie Gliwitzky erklärte.
- Der Mitangeklagte Ralf W. erhält wegen Beschaffung der Mordwaffe zehn Jahre Haft.
- Der Mitangeklagte Carsten S., der ebenfalls an der Beschaffung der Mordwaffe beteiligt war, erhält drei Jahre Jugendstrafe. Er war zur Tatzeit 20 Jahre alt.
- Die Mitangeklagten Andre E. (2 Jahre und 6 Monate) und Holger G. (3 Jahre) erhielten ebenfalls Haftstrafen.
Die Reaktionen
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) begrüßte das Urteil. Der Vorsitzende Gökay Sofuoglu wünschte aber weitere Ermittlungen im rechtsextremen Umfeld von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Die Bundesanwaltschaft habe in dem langen Prozess Erkenntnisse aus parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und zahlreichen Recherchen der Zivilgesellschaft nicht berücksichtigt und sich auf die Theorie eines isolierten Terror-Trios versteift.
Gamze Kubasik, deren Vater 2006 in Dortmund von der NSU ermordet worden ist, bezeichnete Zschäpes Verurteilung als "ersten und sehr wichtigen Schritt." Auch sie forderte aber weitere Ermittlungen.
Wenn das Gericht ehrlich ist, wird es sagen, dass Lücken geblieben sind."
Außenminister Heiko Maas, SPD, erinnerte an die "Stärke des Rechts", mahnte aber auch: "Was die Täter angerichtet haben, ist durch nichts wiedergutzumachen."
Der ehemalige Grünen-Chef Cem Özdemir hielt das Urteil für gerecht. Er forderte aber auch weitere Untersuchungen. Der NSU-Komplex sei "nicht aufgeklärt", so Özdemir.
Auch die Linkspartei forderte weitere Ermittlungen im Umfeld von Beate Zschäpe.
Charlotte Knobloch, ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, begrüßte das Urteil, forderte aber weitere Anstrengungen das rechtsextreme Netzwerk im Umfeld des NSU aufzuklären.
Mehmet Daimagüler, Anwalt der Nebenklage, begrüßte das Urteil gegen Zschäpe.
Das Urteil gegen Carsten S. fand Daimagüler zu hart. Er habe "als einziger zur Aufklärung beigetragen". Insgesamt mochte der Anwalt der Opferfamilien im Urteil "Licht und Schatten" erkennen. Sein Fazit:
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter unterstützte die Forderung der Opfer-Beauftragten der Bundesregierung, Barbara John, die staatlichen Entschädigungsleistungen zu erhöhen.
Bayerns Regierungschef Markus Söder, CSU, lobte das Urteil. Er erklärte:
Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP, reagierte nicht unmittelbar auf Söder. Aber sie nutzte das Urteil um "eine verbale Abrüstung in der Flüchtlingsdebatte" anzumahnen.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, Linke, ging hart mit der Rolle des Verfassungsschutzes ins Gericht. Sie zog ein bitteres Urteil zur Mordserie des NSU.
(per)