Die CDU verhält sich gerade wie ein eSports-Team, das trotz Profi-Spielern eine Niederlage nach der nächsten einsteckt. Ihr fehlt die richtige Strategie, um die zum Sieg nötige Flagge vom Gegner zurückzustehlen. Irgendwie setzt sie dauernd auf die falschen Upgrades, und über das tägliche Training braucht man gar nicht reden: Keiner hat mehr sonderlich Lust, noch gemeinsam zu zocken.
Die Probleme um das Lager Seehofer haben den eigenen Reihen schwer geschadet. Das zu erobernde Vertrauen beim Wähler leidet. Die Gegner von rechts und links wittern die Schwäche und gehen zum Frontal-Angriff über.
Ein Beispiel wäre Sahra Wagenknechts neue "Links"-Bewegung.
Deswegen machen sie sich bei der CDU/CSU gerade trotz Urlaub und Sommerhitze allerhand Gedanken um die Team-Strategie. Darum, wie man die verlorenen Wähler dann doch noch einmal zurückholen könnte.
Am Wochenende hat Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer – kurz: AKK – nun die Teamleitung übernommen und eine dieser Strategien zur Partei-Maxime erklärt.
Sie will die Dienstpflicht für alle, meint aber
Wehrpflicht. Ersteres klingt einfach besser.
Die Reaktionen auf diesen Vorschlag fallen bei den Fachleuten geteilt aus. Weder Wohlfahrtsverbände finden ihn so richtig gut, noch die Bundeswehr. Vor allem Juristen glauben, das Ganze sei sowieso kaum grundrechtskonform. Immerhin wurde die Wehrpflicht 2011 unter anderem deshalb ausgesetzt, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit unzulässig und unfair in die Freiheit des Einzelnen eingriff.
Aber es geht Kramp-Karrenbauer eben um den Wähler. Mit ihrem Vorstoß versucht sie, ihn in gleich mehreren Punkten zu überzeugen. Um in der Gamersprache zu bleiben:
AKK versucht den thematischen Monsterkill:
Kill – Der Pflegenotstand
Es ist kein Geheimnis, dass die Pflegerinnen und Pfleger in Deutschland unter enormer Arbeitsbelastung leiden, weil es kaum noch Nachwuchs gibt.
Ein Grund dafür ist auch: Mit dem Wegfall des Zivildiensts vor knapp acht Jahren ist auch für die Sozialen Berufe eines der wichtigsten Mittel weggefallen, um neue Mitarbeiter zu werben.
Wenn die CDU jetzt eine allgemeine "Dienstpflicht" plant, geht sie diese Probleme in der Pflege gleich mit an – und bringt das alte Instrument des "Zivis" wieder zurück. Diesmal auch für Frauen. Mittelfristig könnte das die Pflege enorm entlasten, so scheint zumindest ihre Hoffnung.
Ähnlich verhält es sich mit der Bundeswehr, die ebenfalls unter chronischer Rekruten-Knappheit leidet.
Dazu kommen aber zusätzlich die Probleme mit rechtem Gedankengut in der Truppe, die dem Image und Stand der Soldaten in der Gesellschaft schadet. Auch dieses Problem führt so mancher auf den Wegfall der Wehrpflicht zurück.
Das Argument: Nur noch bestimmte Kreise melden sich überhaupt zum Berufssoldaten, während es früher durch die "allgemeine" Wehrpflicht eine viel stärkere Durchmischung in der Bundeswehr gab.
Mit einer Dienstpflicht, egal wie sinnvoll sie für die strategische Ausrichtung der neuen Bundeswehr ist, hofft die CDU, hier gleich zwei Probleme anzugehen.
Multi-Kill – die Angst vor internationaler Bedrohung
Mittlerweile ist auch beim letzten Stammtisch in Deutschland angekommen, dass sich die strategische Situation im Punkt Verteidigung für Europa geändert hat.
Auf der einen Seite steht ein US-Präsident, der sich immer weiter aus westlichen Bündnissen zurückzieht.
Auch weil er glaubt, der Kontinent tue zu wenig für seine eigene Verteidigung:
Auf der anderen Seite steht ein zunehmend agressiv und militärisch auftretendes Russland und die internationale Belastung durch einen destabilen afrikanischen Kontinent.
Wenn Kramp-Karrenbauer also eine neue Dienstpflicht vorschlägt, dann ist das auch eine Botschaft an die verunsicherten Wähler: Wir kümmern uns um unsere Verteidigung, auch wenn ein Trump nicht mehr will.
Schließlich ist der Vorstoß auch ein spätes Zugeständnis an die Konservativen in der Union.
Die Abschaffung bzw. Aussetzung der Wehrpflicht 2011 haben sie Angela Merkel
nie verziehen.
Es ist der Versuch, nach innen die
Unzufriedenen zu befrieden. Das soll verhindern, dass zu viele Mitglieder mit Horst Seehofers
Frontalkurs flirten. Außerdem ist es der Versuch, der AfD das Wasser abzugraben. Die ist die
einzige Partei, die noch ernsthaft die Wiedereinführung einer Wehrpflicht nach
altem Muster fordert.
K-Frage in der SPD: Lauterbach und Lanz im Schlagabtausch über Scholz
In der SPD tobt derzeit die K-Frage, die Diskussion über den nächsten Kanzlerkandidaten. Kanzler Olaf Scholz zeigt sich entschlossen, erneut anzutreten. Doch die Umfragen sprechen eine andere Sprache, zumindest zum aktuellen Zeitpunkt.