Beleidigungen, Pöbeleien, Gewalt. Seit 2015 dokumentiert die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) antisemitische Übergriffe in Berlin. Ab nächstem Februar können sich Opfer und Zeugen solcher Übergriffe auch bundesweit an die Meldestelle wenden. Dann startet der Bundesverband RIAS nach dem Berliner Vorbild.
"Wir dürfen die Bekämpfung des Antisemitismus nicht den Juden überlassen in diesem Land", sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Felix Klein, am Donnerstag bei der Vorstellung der neuen Online-Plattform. Klein ist seit Mai im Amt. Der RIAS-Bundesverband ist für ihn das bislang wichtigste Projekt seiner Amtszeit.
Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, betonte, eine bundesweite Erfassung sei nötig, da die Polizeistatistiken in der Regel nur strafrechtlich belangbare Taten erfasse. Ein Großteil der Vorfälle sei aber nicht strafbar. "Das ist der alltägliche Antisemitismus", sagte Botmann.
Außerdem ermöglichen die RIAS-Berichte einen genaueren Überblick über antisemitische Übergriffe als Polizeistatistiken. In ihnen werden einzelne Vorkommnisse detailliert beschrieben, die teilweise nicht einmal in den offiziellen Statistiken auftauchen.
Die Erfassung der Vorfälle orientiert sich an der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz für Holocaustgedenken.
Der Projektleiter von RIAS Berlin sagte der "Jüdischen Allgemeinen", dass derzeit auch in Hannover eine Meldestelle für antisemitische Übergriffe geplant werde. In Düsseldorf gebe es außerdem bereits eine Antidiskriminierungsberatung, die antisemitische Vorfälle in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln erfasse. Auch in Hessen gebe es eine Stelle, in mehreren Bundesländern sei außerdem die Einrichtung vergleichbarer Meldestellen im Gespräch.
(fh/dpa)