Es läuft nicht gut für Innenminister Horst Seehofer. Sein Masterplan Migration stößt in CDU und SPD auf Widerstand, die Kirchen rügen seine Äußerung über Abschiebungen an seinem Geburtstag. Nun rückt auch noch die eigene Partei vom CSU-Chef ab. "Sein Agieren verwundert und befremdet mittlerweile viele", sagte Seehofers Vorgänger als CSU-Chef, Erwin Huber, am Samstag dem Magazin "Spiegel".
Seehofers schwerstes Gefecht in 3 Akten.
Die CSU ist ein merkwürdiges Gebilde. "Staatspartei" hat sie der Politologe Alf Mintzel mal genannt. Das heißt: In Bayern regiert sie unbeschränkt. Im bayerischen Landtag sitzt zwar eine Opposition, aber die ist weitgehend machtlos. Der Widerstand kommt stets aus der CSU selbst – und zwar aus ihren regionalen Flügeln Oberbayern, Niederbayern, Schwaben und Franken. Und natürlich von denen, die noch was werden wollen. Und denen, die einst gefallen sind und noch offene Rechnungen haben.
Dazu gehört Erwin Huber. Er musste vor zehn Jahren als CSU-Chef gehen, weil er das Wichtigste vergeigt hatte. Unter seiner Führung hatte die Partei die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl 2008 verloren. Er sagte nun dem "Spiegel".
Er werde von vielen gefragt, ob Seehofer die Landtagswahl und damit den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) belasten wolle oder das billigend in Kauf nehme, sagte Huber weiter. Mit Blick auf Seehofers Tendenz, einsame Entscheidungen zu fällen, fügt Huber hinzu:
Schon zuvor war der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter von Seehofer abgerückt. Oberreuter verfolgt die CSU seit Jahrzehnten, wenn er sich gegen die Parteioberen wendet wird es kritisch. Auch für Seehofer.
Tatsächlich formiert sich nach Angaben des "Spiegel" an der CSU-Basis Widerstand gegen die Parteiführung. Die von liberalkonservativen CSU-Mitgliedern sowie Amts- und Mandatsträgern gemeinsam mit Gleichgesinnten aus der CDU gegründete Initiative "Union der Mitte" habe seit dem Flüchtlingsstreit der Schwesterparteien regen Zulauf. Die Vereinigung sei in den vergangenen drei Wochen auf rund 1200 Unterstützer angewachsen.
"Flüchtlinge sind keine Sündenböcke für Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft schieflaufen", sagte Stephan Bloch, Gründer der Union der Mitte, dem "Spiegel". Um ihrem Ärger über die Flüchtlingspolitik Luft zu machen, solidarisieren sich dem Magazin zufolge auch örtliche Mandatsträger mit der "Union der Mitte". In einem Brandbrief schrieb demnach der Bürgermeister der bayerischen Gemeinde Hebertshausen, Richard Reischl (CSU), seine Partei behandle "manche Menschen wie Dreck", um Stimmen am rechten Rand zu fischen.
Horst Seehofer war immer ein Solist. Weniger als andere. Aber auch schlauer. Seine jüngsten Volten in der Flüchtlingspolitik überforderten viele. Vor allem die Wähler.
Im Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Die CSU ist in Umfragen weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Auch Seehofers harte Linie nützte der Partei wenig. Sie fiel in Umfragen auf unter 40 Prozent.
Zuerst schaltete Ministerpräsident Markus Söder um. Er versucht nun wieder auf seriös zu machen und distanzierte sich von seinem Begriff "Asyltourismus". Bringt aber wenig. Laut Umfragen wünschen nur 13 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Bayern eine CSU-Alleinregierung. Die Grünen haben sich schon mal als Koalitionspartner angedient. Spitzenkandidatin Katharina Schulze sagte der Zeitung "Die Welt".
Eine Koalition, noch dazu mit den Grünen, für viele undenkbar in der CSU. Viele Abgeordnete müssen um ihr Mandat im Landtag bangen. Horst Seehofer ist plötzlich der Gefährder für das eigene Mehrheit. So könnte es vor der Wahl noch zu personellen Überraschungen kommen.
(dpa, per)