Angela Merkel hat Russlands Staatschef Wladimir Putin zu einem Arbeitsbesuch auf Schloss Meseberg empfangen. Angesichts der "vielen auch sehr ernsten Konflikte weltweit" sei die Zusammenarbeit mit Russland unerlässlich, sagte die Kanzlerin zum Auftakt der Begegnung am Samstagabend. "Wir haben Verantwortung, und deshalb sollten wir daran arbeiten, Lösungen zu finden", sagte sie. Vorab hatte sie sogar einen Syrien-Gipfel ohne die USA ins Gespräch gebracht – nur mit Russland, Großbritannien, Frankreich und der Türkei.
Abgesehen davon, dass Merkel und Putin sich sprachlich sehr gut verständigen können (sie spricht hervorragend russisch und er deutsch), herrscht zwischen den beiden eine angespannte Stimmung. Merkel gilt als eine der letzten Vertreterinnen der liberalen Weltordnung, Putin setzt vor allem auf das Recht des Stärkeren – und zuerst mal auf sein eigenes. Trotzdem brauchen beide einander, denn Donald Trumps Außenpolitik erschüttert die Welt:
Die beiden haben also einiges zu besprechen. 5 Themen, die wichtig werden und 5 Zitate, die dazu bereits gefallen sind.
Seit 2014 hat Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Die EU hat deshalb weiterhin Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Putins Umfeld verhängt. Im Osten der Ukraine tobt weiter ein von Russland unterstützter Bürgerkrieg. In dem Konflikt kommen beide Seiten nicht weiter. In einer ruhigen Runde 2014 am Rande des Nato-Gipfels in Wales analysierte Merkel in einem Hotel in Cardiff die Lage. Auch die Teilung Berlins habe Jahrzehnte gedauert, befand Merkel. Sprich: Zeit ist ein Faktor. Der andere ist der Dialog. Merkel warnte in Cardiff vor dem möglichen "Schlafwandeln" in einen Konflikt.
Der russische Präsident nannte die Ukraine als ein Thema, über das er mit der Kanzlerin sprechen wolle. Er bekräftigte die Gültigkeit der Minsker Vereinbarungen, die den Konflikt eigentlich befrieden sollen. Er werde mit der Bundeskanzlerin auch über eine mögliche UN-Friedensmission für die Ostukraine sprechen.
Eine zweite Pipelineverbindung durch die Ostsee soll Gas von Russland nach Deutschland bringen. Schon gegen die erste Pipeline gab es Proteste, vor allem aus Polen und der Ukraine. Um den Konflikt zu mildern, hat Deutschland auch Konzerne aus Österreich, Frankreich, Holland und Italien an Bord geholt. Dennoch bleibt das Thema ein wunder Punkt. Bislang fließt russisches Gas durch die Ukraine nach West-Europa, das Land erhält dafür jährlich zwei Milliarden Dollar. Und weil der Westen das Gas aus Russland braucht, sieht die Ukraine den Rohstofftransit als Sicherheitsgarantie. Merkel schwenkte nun langsam um und fordert von Putin, dass auch weiterhin Gas durch die Ukraine geliefert werde.
Das sagte Putin in Berlin zum Thema Nordstream 2:
Eine Fortsetzung des Gas-Transits durch die Ukraine auch nach dem Bau der neuen Ostsee-Pipeline Nordstream 2 schließt Putin nicht aus.
Um internationale Kritik an dem Röhrenprojekt zu entkräften, verlangt Deutschland, dass die Ukraine weiter am Transit verdienen kann.
Russland und sein Verbündeter, das syrische Staatsoberhaupt Baschar al-Assad haben die Schlacht gewonnen. Aber den Frieden können sie ohne den Westen nicht sichern.
Putin hofft auf westliche Milliardenzusagen für den Wiederaufbau. Schon bei seinem Treffen mit Donald Trump im Juli in Helsinki hatte Putin über eine Sicherheitspartnerschaft für Syrien sinniert. Die Zeit drängt. Die Opposition in Syrien hat sich zu Monatsbeginn neu verbündet. Assad wiederum will die von der Türkei eroberte syrische Stadt Idlib mit der Hilfe kurdischer Rebellen befreien. Syrien kommt nicht zur Ruhe. Putins Einfluss ist wichtig.
Auch wenn die Zahl syrischer Flüchtlinge sinkt, die nach Europa kommen, eine Stabilisierung des Landes ist wichtig für die Stabilität der ganzen Region, auch mit Blick auf Irans Machtstreben in Syrien.
Das sagte Putin in Berlin zum Thema Syrien:
Donald Trump hat die Sanktionen gegen den Iran einseitig wiedereingeführt. Deutschland, Russland, Frankreich, Großbritannien und China halten an dem Abkommen noch fest, auch der Iran beteuert, er nehme sein Atomprogramm nicht wieder auf. Die Kooperation ist wichtig. Auch Russland hat wenig Interesse an einer weiteren Nuklearnation in seiner Nachbarschaft.
Zum Iran äußerte sich Putin noch nicht.
Donald Trump macht Druck mit fetten Zöllen, die Türkei spürt mit Inflation und Währungskursverfall die wirtschaftlichen Folgen. Trump hat zudem die Auslieferung von Tarnkappenbombern für die türkische Armee gestoppt, offen kokettiert das Land mit dem Kauf russischer Alternativen und der Austritt aus der Nato.
Putin käme das langfristig gelegen. Kurzfristig aber hat auch er kein Interesse an einer Eskalation der wirtschaftlichen Seite des Konflikts, denn mit der türkischen Lira sind auch die Währungen anderer Schwellenländer wie China und Argentinien ins Fallen geraten. Weitere wirtschaftliche Schwächen kann sich Putin nicht erlauben.
Das sagte Putin in Berlin zum Thema Wirtschaft:
Er nannte Deutschland:
Der bilaterale Handel sei vergangenes Jahr um 22 Prozent auf 50 Milliarden US-Dollar (43 Milliarden Euro) gewachsen, sagte Putin. Etwa 5000 deutsche Firmen seien in Russland aktiv und hätten 270 000 Arbeitsplätze geschaffen. Putin sprach auch von einem Ausbau der Parlamentskontakte und von mehr zivilgesellschaftlichen Austausch.
(per/afp/dpa/rtr)