Wird alles leichter, wenn man Donald Trump einfach totschweigt? Vizekanzler Olaf Scholz hat es auf seinem Besuch in Washington mit diesem Ansatz versucht.
Bei einer mit Terminen vollgestopften 48-stündigen Visite führt der SPD-Finanzminister nicht nur zahlreiche Gespräche beim Frühjahrstreffen des Internationalen Währungsfonds, sondern er muss sich auch um die Krise im deutsch-amerikanischen Verhältnis kümmern. Dazu trifft Scholz noch bis Freitag mehrere Berater und Minister Donald Trumps, am Donnerstag sprach er im Weißen Haus Vizepräsident Mike Pence und Chef-Wirtschaftsberater Larry Kudlow.
Und er absolvierte den ersten öffentlichen Auftritt der neuen Bundesregierung in der US-Hauptstadt. Bei der Denkfabrik "German Marshall Fund" sollte er über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen sprechen. Scholz redete über eine Stunde lang und sprach dabei in keinem Augenblick diese zwei Wörter aus: Donald Trump. Den Elefanten im Raum schwieg der Vizekanzler tot.
Dabei sind die aktuellen Probleme im deutsch-amerikanischen Verhältnis zweifelsohne in erster Linie mit Trump verknüpft:
Bis dahin müsste man eine Verständigung im Handelsstreit erzielen. Was man Trump anbieten könne? Scholz betont bei seinem Auftritt vor allem eines: Dass die EU zusammenstehe.
Doch Scholz weiß, dass auch er zur Lösung beitragen muss. Bei seiner Washingtoner Rede bleibt er allgemein und vorsichtig. Das Publikum besteht neben Scholz‘ Tross an Mitarbeitern und mitreisenden Journalisten auch aus jenem Teil Washingtons, der sich für deutsch-amerikanische Beziehungen interessiert – und gern etwas konkretere Antworten gehabt hätte.
Als er danach gefragt wurde, welche Strategie die Bundesregierung denn im Umgang mit Trump verfolgen will, wurde Scholz einsilbig. Man werde weiter miteinander reden – ob das schon eine Strategie sei, wisse er nicht. Alle Optionen müssten auf dem Tisch bleiben. Konkreter wurde es nicht. Da schaute sich das Publikum fragend an.
Nur im abgelesenen Teil seiner Rede wurde die Haltung klarer, auch wenn Scholz auch darin jede Erwähnung des T-Wortes vermeidete. Scholz sagte, wer glaube, es sei besser, einzelne gute bilaterale Beziehungen zu haben, werde sich täuschen. Die USA müssten sich mit der EU als ganzes auseinandersetzen. Ein klarer Verweis auf Trump, der bilaterale Deals verhandeln will.
Nach seinem Treffen mit Vizepräsident Pence, der ihn eine gute Stunde warten ließ, sagte er schließlich: "Ich glaube, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, eine gute Lösung zu finden." Sein Eindruck habe sich verfestigt, "dass hier in den Vereinigten Staaten verstanden wird, dass in Handelsfragen die Europäische Union als Einheit handelt."
Seit Wochen betont Scholz, dass die Botschaft lauten müsse, dass nur Europa gemeinsam verhandle. Doch Trump hat nun einmal insbesondere mit Deutschland ein Problem. Sämtlichen Fragen danach, was Scholz und die Bundesregierung angesichts dieser Trump'schen Verärgerung tun wollen, wich der Vizekanzler aus.
Die wohlwollende Interpretation könnte lauten: Er will die Aufgabe seiner Chefin überlassen. Angela Merkel reist in einer Woche nach Washington - sie wird sich bei ihrem Termin im Weißen Haus jedenfalls um die Person Donald Trump nicht herumdrücken können.
Dieser Bericht ist zuerst bei t-online.de erschienen