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Bienensterben durch Neonikotinoide: EU stimmt über Verbot von Isektiziden ab

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Bienen sterben durch Pestizide – das will die EU mit einem Verbot aufhalten

27.04.2018, 11:20
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Die EU hat am Freitag mehrheitlich für ein Freilandverbot von Insektiziden gestimmt. 

Das Wichtigste in Kürze:

Das Problem: Um Schädlinge zu bekämpfen, benutzen Landwirte in der EU Pestizide, die auch massiv Bienen schaden. Umweltschützer und Fachleute sagen: Ohne die bestäubenden Insekten seien dramatische Folgen für die Landwirtschaft zu befürchten, vor allem für den Obstbau.

Die mögliche Lösung: Das nun von der Kommission beschlossene Freilandverbot für einige bienenschädliche Insektengifte. Konkret: Ab jetzt dürfen bestimmte Substanzen auf dem Acker gar nicht mehr genutzt werden – weder in Form von Saatgutbehandlung noch als Spritzmittel. Der Einsatz bleibt nur in Gewächshäusern erlaubt.

Dafür spricht: Umweltschützer erhoffen sich von dem Verbot Hilfe im Kampf gegen das Bienensterben.

Die Kritik: Agrarverbände und die Chemieindustrie befürchten finanzielle Verluste. Die Bauern, dass sie weniger Ertrag einfahren, die Chemieunternehmen wie Bayer, dass sie den Stoff nicht mehr verkaufen können.

Warum so viele Bienen sterben, wird hier erklärt:

Das Bienensterben erklärt von der European Food Safety AuthorityVideo: YouTube/EFSAchannel

Was ist das genaue Problem?

Es geht um die Stoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid. Man nennt die Stoffe auch Neonikotinoid-Insektizide. Untersuchungen zeigen, dass bereits niedrige Dosierungen ausreichen, um Wild- und Honigbienen nachhaltig zu schaden.

Die Stoffe beeinträchtigen das Lernvermögen und die Orientierungsfähigkeit der Bienen, im schlimmsten Fall werden sie gelähmt oder sterben. Die tödliche Dosis liegt laut Experten bei etwa vier Milliardstel Gramm pro Biene.

Auch kritikwürdig: die Klimaignoranz!

Video: watson/Saskia Gerhard, Lia Haubner

Die synthetisch hergestellten Mittel werden bislang häufig als Saatgutbeizmittel eingesetzt, beim Wachsen verteilt sich das Gift dann in der Pflanze – bis in Pollen und Nektar. So nehmen beispielsweise Bienen und Hummeln die Stoffe auf.

  • Schweizer Forscher zeigten 2016, dass bestimmte Varianten dieser Wirkstoffe die Fruchtbarkeit männlicher Honigbienen verringern und deren Lebensspanne senken.
  • Eine andere Studie befand, dass Bienen die mit den Stoffen behandelten Pflanzen nicht etwa meiden, sondern sie sogar bevorzugt ansteuern.

Was tut die EU?

Die EU-Kommission hatte 2013 bereits ein Teilverbot beschlossen und wollte bereits im vergangenen Dezember eine Abstimmung über das Verbot abhalten. Die Mitgliedstaaten wollten jedoch zuerst den entsprechenden Bericht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abwarten. 

Die EFSA hat die Gefahr nun in einem Bericht bestätigt.

Darin heißt es:

"Die Mehrzahl der Anwendungen von Neonikotinoid-haltigen Pestiziden stellt ein Risiko für Wild- und Honigbienen dar."

Wie stimmte Deutschland ab?

Deutschland hatte angekündigt, in dem zuständigen EU-Ausschuss dafür zu stimmen, dass drei der Neonikotinoide nur noch in Gewächshäusern und nicht mehr auf Äckern eingesetzt werden dürfen.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner sagte jüngst:

"Was der Biene schadet, muss weg vom Markt."
Julia Klöckner

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte im ZDF, das Insektensterben sei "wirklich dramatisch".

Das sagen die Kritiker:

Der Deutsche Bauernverband stellt sich gegen ein umfassendes Freilandverbot. "Dies darf aber beispielsweise nicht auf nicht-blühende Kulturen wie Zuckerrüben ausgedehnt werden", sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Es sei eine "echte Herausforderung, Alternativen zu entwickeln und neue Produkte schnell zur Zulassung zu bringen." Ohne Pflanzenschutzmittel könne man weder in der ökologischen noch in der konventionellen Landwirtschaft Qualität und Erträge garantieren.

Kritik kommt, Überraschung, auch von der Industrie. Die am meisten genutzten Pestizide sind Clothianidin und Imidacloprid von Bayer sowie Thiamethoxam von Syngenta. Das Chemie- und Pharmaunternehmen Bayer teilte mit, man sei mit den Ergebnissen der Risikobewertung für die Wirkstoffe Imidacloprid und Clothianidin grundsätzlich nicht einverstanden. 

(gam/ts/dpa)

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