Bässe wummerten durch Tiflis. Fackeln schickten bunte Rauchschwaden in die Luft. Die Straßen vor dem Parlament waren vollgestopft mit tanzenden Menschen. Kein Festival, sondern Protest.
Tausende haben sich am Wochenende in Georgiens Hauptstadt zusammengefunden, um für die Freiheit ihrer Clubszene und die Legalisierung von Drogen zu kämpfen. Kurz vorher hatte die georgische Polizei Razzien in zwei Clubs durchgeführt, dem "Café Gallery" und dem "Bassiani" – letzteres gilt als das Berghain Georgiens (Deutschlandfunk Kultur). Wie das Portal Resident Advisor schrieb, wurden die Betreiber des "Bassiani" festgenommen – außerdem acht mutmaßliche Drogenhändler, wie der Leiter der Kriminalpolizei im Innenministerium, Mamuka Chelidze, auf einer Pressekonferenz sagte.
Den Razzien wiederum waren fünf tragische Fälle vorausgegangen, in denen Menschen an einer bislang unbekannten Droge gestorben waren (Guardian). Das "Bassiani" bedauerte die Vorfälle, wies aber die Verantwortung zurück.
In diesem Kampf zwischen Behörden, der Clubszene sowie rechten Gruppen, die in den Protest-Ravern lediglich "Drogen-Propagandisten" und "Sodomiten" sehen (Guardian), geht es nicht einfach nur ums Feiern und Drogen nehmen. Es geht um Freiheit.
Die Clubs, die die Polizei durchsucht hat, stehen für Toleranz und progressive Werte in dem sonst eher konservativen Land.
Seit 2010 ist Techno zu einer Massenbewegung geworden in Georgien. Der Autor Matthew Collin bezeichnet im Guardian die Musik als Soundtrack für tausende Europa-orientierte Georgier, die sich nach einer liberaleren Gesellschaft sehnen.
"Techno war das Medium, mit dem unsere Generation einen Weg gefunden hat, sich frei auszudrücken", sagt "Bassiani"-Mitbetreiber Zviad Gelbakhiani. "Es ist eine Bewegung für progressive westliche Werte." Gelbakhiani glaubt, dass in dieser Feindseligkeit gegen die Clubkultur eigentlich eine Abneigung gegen westliche Werte stecke.
Das "Bassiani" ist ebenfalls eng verbunden mit den "White Noise"-Aktivisten, die sich dafür einsetzen, dass Georgiens Drogengesetze gelockert werden. So wurden aus den Protesten für eine freie Clubkultur auch schnell Demonstrationen für eine freiere Drogenpolitik.
Die Raver stießen am Wochenende auch auf Gegendemonstranten aus dem konservativen sowie rechten Lager (New York Times). In den Zusammenstößen zeigte sich die tiefe Spaltung der georgischen Gesellschaft.
Auf der einen Seite: Eine offene, junge Generation, die sich an westlichen Werten orientiert.
Auf der anderen Seite: Eine immer noch sowjetisch geprägte Gesellschaft, die stark beeinflusst ist durch die Kirche.
Eine Journalistin sagte dem Deutschlandfunk Kultur, am Wochenende sei auch eine Gruppe von Ultrakonservativen und Rechtsextremen auf die Straße gegangen. Diese Gruppe sei zwar nicht typisch für die traditionellen Kreise der Gesellschaft, sehe aber die westlich orientierten jungen Leute mit großer Skepsis. "Es gibt viele Gerüchte, ob sie Verbindungen haben zur Regierung. Ganz sicher haben sie Verbindungen zur Kirche."
Erst 2013 hatte es unter der Führung von Priestern heftige Ausschreitungen auf einer friedlichen LGBT-Versammlung gegeben mit etlichen Verletzten. LGBT-Aktivisten mussten zu ihrer eigenen Sicherheit aus der Stadt eskortiert werden.
An diesem Wochenende zeichneten sich ähnliche Szenen ab in Tiflis. Demonstranten beschrieben, dass sie abseits des Raves gejagt und bedroht wurden. Auch hier kamen irgendwann Busse zum Einsatz, um die verfeindeten Gruppen zu trennen und Demonstranten sicher fortzubringen. Die Demos sind inzwischen vorbei. Ein Ende des Konfliktes ist nicht in Sicht.
(mit AFP)