Irland hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas. Das Gesetz, das das "ungeborene Leben" schützen soll, führte wiederholt zum Tod schwangerer Frauen. Das könnte sich jedoch bald ändern. Am 25. Mai dürfen mehr als drei Millionen Iren über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen abstimmen.
Aisha Chithira lebt mit ihrer Tochter und ihrem Mann in Irland. Die aus Afrika stammende Frau ist schwanger. Aber weil sie unter einer Erkrankung leidet und bereits Zwillinge tot gebar, entscheidet sie sich für eine Abtreibung. Doch das ist in Irland verboten. Wie viele andere Frauen in Irland will sie den Eingriff daher in England vornehmen lassen. Einen Monat wartet sie auf das Visum und reist in der 22. Schwangerschaftswoche nach London. Sie kehrt nie zurück: Chithira kollabiert kurz nach dem Eingriff im Taxi und stirbt.
Wenn es nach den Initiatoren eines Referendums geht, sollen sich solche Fälle künftig nicht wiederholen.
Mit diesen Worten begründete der irische Ministerpräsident und Mediziner Leo Varadkar die anstehende Volksabstimmung.
In Irland ist ein Abbruch bislang nur gestattet, wenn das Leben der Schwangeren bedroht oder sie selbstmordgefährdet ist. Selbst nach Vergewaltigung, Inzest und bei einem kranken Fötus ist ein Abbruch untersagt. Wer dagegen verstößt, kann mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden – jedoch nicht, wenn die Frau im Ausland abtreibt.
Das Problem in Irland: Per Verfassungszusatz sind ungeborene Kinder genauso in ihrem Recht auf Leben geschützt wie ihre Mütter. Das macht Kritikern zufolge Abtreibungen in dem Land faktisch unmöglich. Die Frauen in Irland würden "wie Gebärmaschinen behandelt", klagte ein Report der Menschenrechtsorganisation Amnesty International an.
Sogar der UN-Menschenrechtsausschuss bezeichnete das Abtreibungsverbot als "grausam, unmenschlich und erniedrigend". Er forderte die irische Regierung auf, es zu überarbeiten. Gegner und Befürworter des Abtreibungsverbots veranstalten Protestmärsche.
Durch das Referendum soll der Verfassungszusatz nun gestrichen werden. Das Parlament hätte dann die Möglichkeit, Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu legalisieren. In Ausnahmefällen soll der Abbruch sogar bis zur 22. Woche erlaubt sein. Die meisten Iren sind Umfragen zufolge dafür, den Verfassungszusatz zu streichen.
In Irland wurden 2017 nur 25 offizielle Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen.
Viele Frauen suchten in ihrer Not bislang vor allem Hilfe im Ausland: Mehr als 168.700 Schwangere ließen von 1980 bis 2016 den Eingriff in Großbritannien vornehmen. Das geht aus britischen Statistiken hervor, für die die Heimatadressen der behandelten Frauen ausgewertet wurden. Auch in anderen Ländern – etwa in den Niederlanden – lassen Schwangere aus Irland abtreiben. Jedoch sind die Zahlen niedriger.
Die katholische Kirche stellt sich gegen die Legalisierung von Abtreibungen. Pikant: Nur drei Monate nach dem Referendum reist Papst Franziskus von Rom nach Irland. In der Hauptstadt Dublin wird er am 25. und 26. August am Weltfamilientreffen teilnehmen.
(fh/dpa)